Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Er drohte mehrfach: „Ich stech’ dich ab“
Alwani W. () muss sich wegen versuchten Totschlags verantworten. Prozess droht schon zum Auftakt das Aus
Von Fabian Klaus Mühlhausen.
Staatsanwältin Anja Deppe braucht für die Anklageschrift nicht einmal zwei Minuten – und schildert in dieser Zeit einen brutalen Gewaltakt, der die Staatsanwaltschaft dazu veranlasst hat, gegen Alwani W. Anklage zu erheben.
Er soll im April 2018 über seiner schlafenden Ehefrau Jaqueline W. einen Eimer mit eiskaltem Wasser ausgeleert haben. Als sie aufwachte, habe er sie an den Haaren in die Küche gezogen und mit Fäusten und einem antiken Stuhl auf sie eingeschlagen. Ein erster Fluchtversuch sei gescheitert. W. habe dann ein Messer genommen und seiner Frau unter anderem in die Brüste gestochen. Dabei soll er mehrfach „Ich stech’ dich ab“geschrien haben.
Der Frau, die gestern nur zu Anfang im Gerichtssaal war, gelang die Flucht durch einen Sprung aus dem Küchenfenster. Sie habe sowohl Schnittwunden als auch ein Schädelhirntrauma erlitten und wurde mehrere Tage im Krankenhaus behandelt.
Die Familie wohnte zuletzt in einer kleinen Gemeinde im Kyffhäuserkreis mit gerade einmal knapp 400 Einwohnern. Der Angeklagte ist mehrfach vorbestraft. Seine Ehefrau, die im Prozess als Nebenklägerin auftritt, ist bereits rechtskräftig verurteilt – wegen falscher Verdächtigung.
Die Schwurgerichtskammer um den vorsitzenden Richter Gerd Funke und die beiden Pflichtverteidiger Tobias Goldmann und Juri Goldstein liefern sich gestern zum Auftakt eine regelrechte Aktenschlacht. Lange ist unklar, wie das gerade begonnene Verfahren weitergeht. „Wir haben heute festgestellt, dass es unterschiedliche Aktenvarianten gibt. Daher müssen wir zunächst erstmal alle Akten auf denselben Stand bringen“, sagt Goldstein dieser Zeitung.
Das führt dazu, dass lediglich die Anklageschrift verlesen wird. Die Akten fordert Anwalt Goldstein zur Einsicht an. Die Aktenproblematik hätte prozessgefährdend wirken können. „Das wäre für das Gericht ein Grund, unseren Prozess neu anzufangen. Allerdings denke ich, dass die Richter das anders handhaben werden“, so Goldstein. Richter Funke hat die Akteneinsicht bis zum nächsten Prozesstag am 24. Januar ermöglicht – damit ist der erste Verhandlungstag verloren, das Verfahren aber zunächst nicht geplatzt.