Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Steindrucke von Beckmann bis Zille
Meistergrafik der klassischen Moderne und mehr zum Tag der Druckkunst im Kunsthaus Müller in Wurzbach
Wurzbach. Die Namen der Künstler lesen sich wie ein Who-is-who der klassischen Moderne: Beckmann, Felixmüller, Grosz, Kubin oder Pechstein und Zille. Aber auch die Namen der einem großen Publikum weniger geläufigen Künstler haben einen guten Klang: Kretzschmann, Meid, Scharf, Seewald, Unold oder Walser.
Die Werke eint, dass sie zwischen 1919 und 1925 entstanden und alle Steindrucke sind. Was am Ort der Ausstellung nicht verwundert, denn im Kunsthaus Müller in Wurzbach arbeitet und lehrt einer der besten Steindrucker Deutschlands. Zudem gibt es ein Museum für Steindruck mit einer ständigen und mit wechselnden Ausstellungen. Dort erfährt der Besucher alles über eine grafische Technik, die möglich machte, was wir heute als Übermacht der Bilder erleben.
Dabei dachte der Jurist, Dramatiker und Musiker Alois Senefelder, als er 1796 durch Zufall auf die Idee kam, mittels geätzten Kalksteins zu drucken, zuerst nur daran, Noten zu vervielfältigen. Bald ersetzte Senefelders Erfindung den bislang üblichen Kupferdruck, und Notenblätter kosteten nur noch ein Fünftel. Schnell eroberte das neue Verfahren weitere Anwendungsgebiete, das Vervielfältigen von Künstlergrafiken ist nur eines von vielen.
Bis heute ist der Steindruck das Verfahren der Wahl, wenn es gilt, brillante Grafik in höheren Auflagen zu drucken. Doch Meister, die dieses Handwerk aus dem Effeff beherrschen, gibt es nur noch wenige. Kein Wunder also, dass weltbekannte Künstler wie etwa Günter Grass und Armin Müller-Stahl höchstpersönlich in die kleine Stadt Wurzbach im Thüringer Schiefergebirge reisten, um mit Christian Müller zu drucken. Lübeck zeigen die Müllers nun in der aktuellen Sonderausstellung „Steindruck aus den Jahren 1919 bis 1925“, welche Vielfalt an künstlerischem Ausdruck der Steindruck ermöglicht. Manche Blätter wirken filigran wie Bleistiftzeichnungen, andere kraftvoll und konturiert wie Linolschnitte. Gewissermaßen 365 Tage im Jahr wird in Wurzbach der Steindruck als lebendiges Kulturerbe gepflegt. Natürlich sind die Müllers auch dabei, wenn diesen Freitag der Tag der Druckkunst gefeiert wird und deutschlandweit zahlreiche Werkstätten zu Vorführungen, Kursen und Ausstellungen einladen.