Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Der kleine Makel
Vorm Achtelfinal-Rückspiel der Champions League gegen Liverpool steht Bayerns Stürmer Lewandowski im Blickpunkt
München. Die Rückschau auf das erste Treffen mit dem FC Liverpool fiel für Robert Lewandowski nicht besonders schmeichelhaft aus. Gerade einmal 34 Ballkontakte waren für den Stürmer des FC Bayern München gezählt worden – die wenigsten aller Akteure.
Drei Aktionen im Strafraum standen in der Bilanz und gar nur ein Torschussversuch, der auch noch abgeblockt wurde. Das 0:0-Remis an der Anfield Road erweiterte damit auch jene übergeordnete Statistik, wonach Lewandowski vor dem heutigen Achtelfinal-Rückspiel in den vergangenen sechs K.o.-Spielen der Champions League nicht getroffen hat.
Doch die Rückschau auf den jüngsten Versuch konnte zugleich herangezogen werden, um dies als persönliches Versäumnis des polnischen Nationalstürmers zu entkräften. Vor drei Wochen hatte er mit viel Einsatz ja vor allem als erster Verteidiger agiert.
So sehen sie das auch beim FC Bayern. „Ein Stürmer lebt von der Vorarbeit seiner Mitspieler“, sagt Trainer Niko Kovac, „je weniger Unterstützung er bekommt, desto schwieriger wird es.“Das könnte sich auch in der zweiten Verabredung bewahrheiten, in der die Münchner mit einem Tor Unterschied gewinnen müssen, um ins Viertelfinale einzuziehen. Zugleich sind sie sich aber auch dessen bewusst, dass sie ihre Balance zwischen Offensivgeist und jener defensiver Disziplin, die sie im Hinspiel gezeigt haben, erneut sehr fein dosieren müssen. Gerade gegen Jürgen Klopps Konterspezialisten mit dem schnellen Offensivtrio Sadio Mané, Roberto Firmino und Mohamed Salah.
Hinzu kommt, dass die Bayern auf den gesperrten Offensivspieler Thomas Müller verzichten müssen, der als Lückenläufer die Gegenspieler wegzieht und Lewandowski damit jenen Platz verschafft, den er für sein durchaus raumgreifendes Spiel gut gebrauchen kann. Außerdem stellt sich ihm nun Liverpools im Hinspiel gesperrter Abwehrchef Virgil van Dijk in den Weg, der als Autorität auch Sicherheit auf seine Nebenleute in der Defensive ausstrahlt.
Für Lewandowski könnte es erneut ein enges Ringen werden, das die jüngste Debatte um seine ausbleibenden Beiträge in K.o.-Spielen wieder anheizt.
„Wir müssen auf ein schwieriges Spiel vorbereitet sein“, ahnt Lewandowski. Zuletzt hatte er vor etwas mehr als einem Jahr im Achtelfinal-Hinspiel bei Besiktas Istanbul getroffen. Und zuweilen wirkte es danach tatsächlich so, als sei Lewandowski gehemmt und kein Mann für die entscheidenden Momente in den großen Spielen.
Das lag allerdings vielleicht auch daran, dass er damals bis in den Sommer hinein die Hoffnung mit sich herumtrug, zu Real Madrid zu wechseln. Inzwischen hat Kovac Lewandowski zum dritten Kapitän hinter Manuel Neuer und Müller befördert, und beide Parteien können sich gut vorstellen, dass ihr Ausnahmestürmer seinen Vertrag bis 2021 vorzeitig verlängert und seine Karriere beim FC Bayern beendet. „Lewa ist einer der besten Stürmer der Welt, wenn nicht sogar in diesem Moment der beste Neuner der Welt“, so Salihamidzic nach dem zweiten Doppelpack von Lewandowski in Serie gegen Wolfsburg. Er kündigte Gespräche über eine Ausdehnung des Kontrakts an.
Als „unersetzlich“bezeichnet ihn Präsident Uli Hoeneß, für Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge sagen Lewandowskis 180 Tore in 229 Pflichtspielen „eigentlich alles, über welche Qualitäten Robert verfügt und welchen Wert er für Bayern hat“. Dennoch geht es für den Stürmer auch jetzt wieder um jenen kleinen Makel, der die Kritiker regelmäßig auf den Plan ruft.
Um diese zu entkräften, bietet sich der Vergleich mit Liverpool an, und Hoeneß weiß auch, wie das am besten geht. „Er muss die Tore machen. Die wenigen Chancen, die er bekommt, muss er reinmachen.“Verbunden ist damit aber auch ein Auftrag an Lewandowskis Zulieferer.