Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
QuatschmitSoße–daswareinmal
Mit Tiffany Eidner, der schnellsten Thüringer Sprinterin. Die -Jährige erzählt, was es mit der Zeit von , Sekunden auf sich hat, warum sie keine Ziele auf Augenhöhe mag und dass die Sonnenbrille ihr besonderes Markenzeichen ist.
Blondes Haar, schwarze Sonnenbrille – Sie fallen auf. Das ist Sinn und Zweck?
Jeder möchte doch ein bisschen auffallen, aus der Masse herausstechen und auf sich aufmerksam machen.
Also soll die schwarze Sonnenbrille Ihr Markenzeichen sein? Ja, aber ich trage die Brille nicht nur, um aufzufallen. Die genauen Gründe verrate ich allerdings erst, wenn der richtige Zeitpunkt dafür gekommen ist.
Unter elf Sekunden über einhundert Meter?
(lacht) Lassen Sie sich überraschen.
Sie machen mich aber neugierig. Wollen Sie mir nicht mehr verraten, auch wenn ich Sie ganz nett darum bitte?
Keine Chance. Lassen Sie sich überraschen.
Zahlen und Symbolik. Beim Hallenmeeting in Chemnitz hatte sich ihr Trainer Falk Balzer eine 7,41 über 60 Meter gewünscht. Sie haben sich drumherum gemogelt. Im Vorlauf blieb die Uhr bei 7,42 Sekunden und im Finale bei 7,40.
Vor 20 Jahren war mein Trainer in Chemnitz exakt 7,41 Sekunden gelaufen und hat damit seinen deutschen Rekord verbessert.
Da standen aber auch noch Hürden im Weg …
Ja klar. Aber für mich, am Anfang meiner Laufbahn, wäre die 7,41 okay – und hätte Bestzeit bedeutet. Zudem wäre es eine schöne Geschichte gewesen.
Diese Zeit sind Sie dann bei den Deutschen Hallenmeisterschaften in Leipzig gelaufen, und es hat nicht für den Endlauf gereicht.
Ja, das war ärgerlich, mir war klar, dass ich Bestzeit hätte laufen müssen. Dafür lief es über die 200 Meter gut, obwohl wir die Strecke überhaupt nicht trainiert haben. Mit Bronze, meiner ersten Medaille bei Deutschen Meisterschaften bin ich schon zufrieden. Meine Eltern waren auch in Leipzig, es war ein schöner Moment, auf dem Podest zu stehen. Zumal Anja Rücker, unsere Vereinschefin, die Siegerehrung durchführen durfte.
Sie haben es gesagt: Sie stehen erst am Anfang Ihrer Laufbahn und dennoch ist die Leichtathletik-Weltmeisterschaft im Oktober das Saisonziel und nicht die U23-EM, was naheliegen würde.
Ich habe mir schon immer große Ziele gesetzt. Ich mag es nicht, mir Ziele auf Augenhöhe zu setzen, das reizt mich nicht. Ich will angreifen – und dann werden wir sehen, ob es nach Schweden oder Katar geht.
Die Grundlagen für eine erfolgreiche Freiluftsaison sind gelegt. Wo sehen Sie noch Probleme? Starten kann ich, das mache ich blind. Das Problem liegt auf den letzten Metern, die habe ich auch in Leipzig bei der HallenDM vergeigt, sonst wäre ein Finalplatz drin gewesen.
Falk Balzer sagt: Mal kann sie es, mal kann sie es nicht …
… das ist das Problem. Wir gehen das aber an.
Und wie?
Mit Rennen, Rennen, Rennen. Mein Management kümmert sich darum, dass ich viele Starts bekomme; das macht mich stark, stabil und sicher. Der Wettkampf ist dann das Normale, ich brauche keine optimalen Bedingungen, ich kann dann meine Zeiten abliefern, wenn der Startschuss fällt.
Der Sprint ist Ihre Domäne. Wären für Sie auch Starts im Hürdensprint, im Weit- oder Dreisprung denkbar?
Hürden kann ich gar nicht. Aber beim Dreisprung würde mir meine Sprungkraft schon zugutekommen. Aber das ist aktuell kein Thema. Ich habe mir jetzt einen Kaderstatus erkämpft, bekomme Sporthilfe und will was daraus machen. In dieser Saison definitiv im Sprint.
Seit dieser Saison haben Sie in ihrem Verein, dem Bad Lobenstein TC, mit Erik Balnuweit und Georg Fleischhauer schnelle Männer als Trainingspartner.
Das spornt total an, da als „Tiff“nicht klein beizugeben. Es macht Spaß, mich mit den Jungs zu messen, und es ist besonders motivierend, wenn ich die beiden in den Schatten stelle. Außerdem kann ich viel von ihnen lernen.
Sie haben nach dem Abitur voll auf die Karte Sport gesetzt, nun haben sie sich an der FernUni Hagen in Kulturwissenschaften eingeschrieben.
Ja, nur Sport geht nicht. Ich habe die letzten zwei Jahre gebraucht, um aufzuholen, um ranzukommen an die deutsche Spitze. Das Studium ist Ausgleich, hält den Kopf frisch. In der Perspektive möchte ich bei der Bundeswehr unterkommen, um als Sportsoldatin optimal trainieren zu können.
Erst mit 15 sind Sie zur Leichtathletik gekommen und waren zunächst erbost, dass Anja Rücker ihre Zwillingsschwester ansprach.
Ich bin Falk Balzer bei einem Schulsportfest aufgefallen. Anja Rücker bekam von ihm den Auftrag, mich anzusprechen, weil er meinte, aus der Tiffany kann man was machen. Allerdings hat sie mich mit meiner Schwester verwechselt – die hatte aber keine Lust auf Leichtathletik. Dann war ich bockig, dass man sie und nicht mich gefragt hat. Daraufhin habe ich mich bemerkbar gemacht und war kurze Zeit später im Verein.
Und dann ging es erstmal nicht voran, weil die Kraft fehlte, weil Sie mit einer Ernährungsstörung zu kämpfen hatten. Wenn es ans Essen ging, sagten Sie: Quatsch mit Soße – mach ich nicht.
Ja, eine schwierige Phase, die ich überwunden habe – auch dank meines Trainers Falk Balzer. Heute lasse ich mir einen Burger oder ein Steak schmecken.
Im Grunde genommen gehen Sie erst in ihre dritte Saison als Leistungssportlerin. Von daher gesehen ging es rasant vorwärts, oder?
Mir macht das Sprinten einfach Spaß. Ich kann immer rennen und bringe körperlich einiges mit. Ich muss nicht groß Krafttraining machen, die Körperspannung ist da. Wir versuchen, technisch sauber zu laufen, das schont den Körper, macht schnell, weil es von innen heraus kommt. Ich möchte schon noch ein paar Jahre im Leistungssport haben und nicht durch Verletzungen ausgebremst werden. Voriges Jahr haben Sie sich selbst ausgebremst. Da hieß es Turnschuh statt Spikes.
Ja, dumme Geschichte. Ich bin im Baggersee in eine Scherbe getreten und hatte mir den Fuß aufgerissen und habe lange nicht in Spikes gepasst. Schnell unterwegs war ich trotzdem.
Wenn Sie im Wettkampf zu sehen sind, die Augen hinter dunklen Gläsern, verziehen Sie keine Miene. Wir kennen uns nun schon ein paar Jahre und auch ich hatte den Eindruck, dass Sie verschlossen, unsicher sind.
Das war sicher auch eine Zeit lang so. Aber fragen Sie meinen Trainer, er wird ihnen sagen: Ja, die Tiffany, die kann reden, die kann Widerworte geben, die kann sich aber auch auf ihren Sport konzentrieren.
Dann sprechen wir uns spätestens, wenn Sie das Geheimnis über Ihre Brille lüften. Versprochen.