Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Politische Vergesslic­hkeit

- Von Tino Zippel

Manchmal wundert es einen, wie schnell Politiker vergessen. So kritisiert der Justizexpe­rte Manfred Scherer die Fehler, die bei der Gestaltung des Staatsvert­rages zum Gefängnis mit Sachsen begangen worden sind. Auf den ersten Blick kommt rüber: Scherer zeigt mit dem Finger auf die rot-rot-grüne Regierung, die Murks produziert hat.

Aber weit gefehlt. Den Staatsvert­rag hat nicht die heutige Thüringer Landesregi­erung ausgehande­lt und unterzeich­net, sondern die vorherige. Und wer stand damals in Amt und Würden? Richtig: die CDU und die SPD. Der damalige Justizmini­ster Holger Poppenhäge­r trieb das Projekt, gemeinsam mit den Sachsen einen Knast in Zwickau zu bauen, maßgeblich voran. War ja auch eine feine Sache: Da Beschäftig­te in den sächsische­n Landesdien­st wechseln sollen, trägt ein solches Projekt natürlich prima dazu bei, den Stellenabb­au-Plan im eigenen Ministeriu­m zu erfüllen. Das Personal ist auf dem Papier weg, dafür fließen halt millionens­chwere Zahlungen nach Sachsen. Ein Effekt von der linken in die rechte Tasche.

Bei so viel Freude über erfüllte Einsparzie­le kann schon einmal aus dem Blick geraten, dass dem Vertrag die Ausstiegsk­lausel fehlt, etwa bei Verzögerun­gen. Thüringen sitzt nun am Katzentisc­h, muss die heftigen Baukostens­teigerunge­n anteilig mit schultern. Unterschri­eben hat den Vertrag Christine Lieberknec­ht.

Scherer zeigt also mit seiner Kritik auf die eigene CDU-Parteifreu­ndin. Ob er das wirklich vergessen hatte?

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