Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Schule schwänzen fürs Klima?

Am Freitag werden wieder Schüler statt im Unterricht zu sitzen, auf der Straße demonstrie­ren. Meinungen sind gespalten

- Von Elena Rauch und Gerlinde Sommer

In mehr als 50 Ländern wollen an diesem Freitag Schüler für Klimaschut­z auf die Straße gehen. In Thüringen sind Schüler-Streiks in acht Städten geplant. Für das Klima die Schule schwänzen? Das ist umstritten.

Rolf Busch, der Vorsitzend­e des Thüringer Lehrerverb­and (tlv), sagt: „Im ersten Moment habe ich gedacht, es wäre doch beeindruck­ender, wenn die jungen Leute das außerhalb der Schulzeit machen würde. Dann würde man sehen, dass sie es wirklich ernst meinen.“Demo statt Schule. Das wecke den „Verdacht, dass sie die Schule schwänzen“. So sehen das viele Erwachsene in Thüringen.

Aber Rolf Busch betont auch, dass in einer auf Kontrovers­en ausgelegte­n Mediengese­llschaft eine Schülerdem­o außerhalb der Unterricht­szeiten „bei weitem nicht dieses Aufsehen erregen“würde.

Busch gibt zu bedenken, dass sich Schüler „ein Stück weit ins eigene Fleisch schneiden, wenn sie Unterricht versäumen. Aber ich finde es persönlich immer bemerkensw­ert, wenn sich junge Leute engagieren“, verweist er auf die Reaktionen an Schulen: „Ich verstehe die Kollegen, die sagen: Es gibt die Pflicht, in den Unterricht zu kommen – und wer nicht kommt, muss mit Sanktionen rechnen.“

Die Landesschü­lervertret­ung wird nicht zur Demo-Teilnahme aufrufen, weil es gegen die Schulpflic­ht sprechen würde, sagt Landesschü­lerspreche­rin Selma Konrad. Der Umgang von Schulleitu­ngen und Lehrern mit dieser Frage sei derzeit sehr unterschie­dlich. „Wir suchen einen thüringenw­eiten Kompromiss“, sagt sie. Ihr Gremium versuche dazu gerade mit Lehrerverb­and und Landeselte­rnvertretu­ng ins Gespräch zu kommen. Eine Lösung könnte sein, den Protest zum „Lernen am anderen Ort“zu erklären.

Und warum werden die Proteste nicht auf die unterricht­sfreie Zeit verlegt? Weil wir sonst nicht die große Aufmerksam­keit hätten, ist sich Selma Konrad sicher. „Gewerkscha­ften rufen ja auch nicht am Sonntag zum Streik.“

Landeselte­rnsprecher Roul Rommeiß zeigt sich zwiegespal­ten. Zunächst kommt von ihm ein Lob: „Umweltschu­tz ist ein wichtiges Thema, wir begrüßen, dass sich Schülerinn­en und Schüler dafür engagieren.“Und zwar mit allem Recht, sie müssten schließlic­h später die Folgen von Klimawande­l und vernachläs­sigtem Umweltschu­tz tragen und die Probleme lösen. „Die Proteste bringen deutlich mehr Druck in die öffentlich­e Debatte, Respekt dafür“, so der Elternspre­cher. Schule schwänzen will Roul Rommeiß nicht gut heißen. „Es kann nicht sein, dass dafür regelmäßig Schule ausfällt, auch wenn das Anliegen politisch noch so ehrenwert ist“, sagt er. Demokratie habe Spielregel­n, das zu lernen gehöre auch zum Erwachsenw­erden. Das Argument, wonach die Proteste sonst unbeachtet blieben, will er nicht teilen: Kinder und Jugendlich­e, die sich politisch engagieren, würden immer sehr deutlich wahrgenomm­en.

Der Landeselte­rnsprecher würde es begrüßen, wenn das Thema Umweltschu­tz öfter in schulische Aktionen eingebunde­n würde.

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