Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Jenaer Stückelmord: Wie der Beschuldigte Spuren verwischen wollte
Das Landgericht Gera verhandelt nach dem Tod eines chinesischen Austauschstudenten
Gera. Beim Sicherungsverfahren nach einem Mord in Jena hat die erste Strafkammer am Freitag die Bilder vom Tatort in den Prozess eingeführt.
Eine Hauptkommissarin des Landeskriminalamtes stellte die Fotodokumentation vor. Die meisten Bilder fertigte das Team im Zimmer des Beschuldigten im Studentenwohnheim am Spitzweidenweg, wo er im August 2018 einen chinesischen Studenten mit dem Hammer erschlagen haben soll. Die Wohngemeinschaft verfügt über sechs Zimmer. Die Bewohner teilen sich eine Küche und zwei kleine Bäder mit Duschen.
Auf den ersten Blick herrscht Chaos im Zimmer des Beschuldigten, der in Jena Physik studiert hat. Allerdings, so sagt es ein Experte für asiatische Kultur, gelten unterschiedliche Ideale in den Kulturen. So weichen die Vorstellungen von Ordnung ab, was sich am Zimmer des Opfers aus China zeigt: Darin stapeln sich Kartons von Versandhändlern. Ein Reis- und ein Wasserkocher stehen auf dem Boden, in den Regalen liegen Fahrradteile. Das Bett ist vollgestellt. „Es wirkte eher wie ein Lagerraum als ein Wohnraum“, sagte die Hauptkommissarin. Im Zimmer des Beschuldigten fielen den Ermittlern die vielen Blutspritzer an den weißen Wänden, auf dem Fußboden oder am Regal auf. Laut Antragsschrift hat der Beschuldigte sein Opfer von hinten mit einem
Hammer erschlagen. Offenbar wollte er die Spuren beseitigen. Mehrere Packungen Müllsäcke liegen im Zimmer, dazu Einweghandschuhe und Reinigungsmittel. In der Mitte des Raumes steht ein Eimer weiße Wandfarbe, die zum Teil auf dem Boden gekippt ist. Blätter einer ganzen Küchenrolle bedecken den Fleck. Die Ermittler sicherten auch eine kleine Pflanzschaufel, die in den Tagen zuvor zum Einsatz kam, um Leichenteile in der Oberaue zu vergraben. Die Kriminalpolizisten finden auch ein in ein Putztuch eingepacktes Messer. Im Flur, im Bad und in der Dusche entdecken die Ermittler Blutspuren. Das Gericht muss die Bilderschau unterbrechen, weil der Beschuldigte über Schwindel klagt. Zuvor hatte er gesagt, dass ihm der diesmal kleine Verhandlungssaal mit voll besetztem Publikumsbereich sehr zu schaffen mache. Die forensische Psychiaterin äußert den dringenden Verdacht, dass der Beschuldigte einen Infekt habe. Nach einer Pause setzt die Kammer den Prozess für zwei Stunden fort. Am Vormittag hatte sich das Gericht einen Überblick verschafft, wo im Jenaer Stadtgebiet Leichenteile oder Kleidungsstücke lagen. Demnach gab es Funde an der Wiesenbrücke, in der Oberaue, an der Saale im Paradiespark, im Bereich der RodaMündung in die Saale und unterhalb der Lobdeburg. Im November, zweieinhalb Monate nach der Tat, fand ein Bewohner aus Jena-Kunitz im Motorraum seines Fahrzeuges einen Fuß des Opfers. Sein VW Passat hatte drei Tage zuvor nahe der Wiesenbrücke geparkt. Die Polizei vermutet, dass Tiere das Körperteil in das Auto getragen haben.