Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
W-Lan nur in jeder dritten Schule
Note „mangelhaft“: Eine Umfrage unter mehr als Schulleitern zeigt, wie es um die Digitalisierung des Unterrichts in Deutschland steht
Nur jede dritte Schule in Deutschland hat in allen Klassen und Fachräumen Zugang zu W-Lan und schnellem Internet. Das ist Ergebnis einer ForsaUmfrage im Auftrag des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) unter mehr als 1200 Schulleitern.
Ebenfalls nur jeder dritte Schulleiter kann auf mindestens einen Klassensatz an digitalen Endgeräten, also Smartphones oder Tablet-Computer, verweisen. Gymnasien schnitten deutlich besser ab als Grundschulen und andere weiterführende Schulen.
Zudem räumt jeder dritte der befragten Schulleiter ein, dass es an seiner Schule für keinen der Lehrer einen dienstlichen Computer oder eine dienstliche E-Mail-Adresse gebe. (je)
Schnelles Internet in allen Klassenräumen? Stabiles WLAN in der gesamten Schule? Davon können die meisten Schüler nur träumen. Wie eine aktuelle Umfrage unter mehr als 1200 Schulleitern ergab, verfügt nur jede dritte Schule in Deutschland in allen Klassenund Fachräumen über Zugang zu WLAN und schnellem Internet. Das Gleiche gilt für die Ausstattung mit Hardware: Ebenfalls nur jeder dritte Schulleiter sagt, dass es an seiner Schule mindestens einen Klassensatz an digitalen Endgeräten, also Smartphones oder Tablet-Computer, für die Schüler gebe. Gymnasien schnitten in beiden Punkten deutlich besser ab als Grundschulen und andere weiterführende Schulen. Zudem räumt jeder dritte der befragten Schulleiter ein, dass es an seiner Schule für keinen der Lehrer einen dienstlichen Computer und auch keine dienstliche E-MailAdresse gebe.
Die Forsa-Umfrage im Auftrag des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) sieht allerdings durchaus Verbesserungen gegenüber der Vorgängerumfrage von 2014: Die Zahl der Schulen, die für ihre Schüler ganze Klassensätze an Tablet-Computern oder Smartphones bereitstellen können, hat sich von 12 auf 34 Prozent fast verdreifacht.
Die Schulen brauchen mehr als Sonntagsreden
Doch das alles dauert viel zu lange, findet der VBE-Bundesvorsitzende Udo Beckmann: „Wenn sich die Digitalisierung an Schulen in der gleichen Geschwindigkeit vollzieht wie in den letzten fünf Jahren, werden wir erst 2034 erreicht haben, dass es an allen Schulen einzelne Klassensätze an digitalen Endgeräten gibt. Damit führt sich die Politik selbst vor“, so Beckmann. Um den Ansprüchen gerecht zu werden, bräuchten die Schulen mehr als Sonntagsreden und einzelne Leuchtturmprojekte. „Neben den Geldern des Bundes für den Digitalpakt braucht es dafür kräftige Investitionen der Länder und Kommunen.“Zwar würden durch den Digitalpakt vom Bund innerhalb der nächsten fünf Jahre fünf Milliarden Euro investiert, der tatsächliche Bedarf liege laut Studien jedoch deutlich höher.
Wie die neue Schulleiter-Umfrage zeigt, gleichen viele Lehrer die fehlende digitale Ausstattung ihrer Schulen dadurch aus, dass sie die Methode „Bring your own Device“nutzen, bei der Schüler eigene Tablets oder Smartphones für den Unterricht einsetzen. Laut Umfrage gilt das derzeit für jedes zweite Gymnasium. Der VBE sieht das Modell jedoch kritisch, weil auf diese Weise einmal mehr Bildungserfolg vom sozioökonomischen Status der Eltern abhänge. Mit anderen Worten: Wenn nicht nur in der Freizeit, sondern auch im Unterricht das coole neue Smartphone oder das allerneueste Tablet-Modell zum Statussymbol wird, gibt es ein Problem: „Wenn 70 Prozent der Schulleitungen sagen, dass einzelne Kinder kein Gerät haben, und die Hälfte sagt, dass die Gefahr des Mobbings steigt, darf das nicht ignoriert werden“, so Beckmann.
Hinzu kommt: Die Mehrheit der Schulleiter warnt vor Mehrbelastungen der Lehrer, wenn sie auf unterschiedlichen Geräten unterschiedliche Systeme erklären müssten. Die nötigen Kenntnisse dafür beschafft sich die Mehrheit der Lehrer in einem Mix aus Hilfe durch Kollegen und privates Umfeld und professionellen Fortbildungen. Beckmann findet das auf Dauer problematisch: „Fortbildung ist kein Privatvergnügen.“Alle Lehrkräfte müssten innerhalb der Dienstzeit an staatlich angebotenen und bezahlten, qualitativ hochwertigen Fortbildungen teilnehmen können.
Mit dem Geld, das der Bund jetzt im Zuge des Digitalpakts den Schulen zur Verfügung stellen will, könnte sich manche Lücke schließen lassen – doch dazu muss das Geld überhaupt erst mal bei den Schülern und den
Schulen ankommen. Rein rechnerisch steht jeder der rund 40.000 Schulen in Deutschland im Durchschnitt ein Betrag von 137.000 Euro aus dem Fördertopf zur Verfügung. Umgerechnet auf die rund elf Millionen Schüler wären das etwa 500 Euro pro Kopf. Doch bevor das Geld fließen konnte, mussten Bund und Länder eine Vereinbarung unterschreiben, wie die Summe in Zukunft verteilt werden soll. Wie es am Montag bei der Kultusministerkonferenz hieß, ist das inzwischen geschehen. Nach Informationen unserer Redaktion müsste damit jetzt kurzfristig der Weg frei werden für die Auszahlung. „Wenn das alles zügig weitergeht, könnten die ersten Schulen noch in diesem Jahr mit ihren Investitionsmaßnahmen beginnen“, heißt es im Ministerium.
Berlin kann mit rund 257 Millionen Euro rechnen, Hamburg mit 128 Millionen. Nach Nordrhein-Westfalen fließt rund eine Milliarde Euro, nach Niedersachsen gehen 470 Millionen und nach Thüringen 132 Millionen. Um Gelder aus dem Digitalpakt zu bekommen, müssen die Schulen ein technisch-pädagogisches Konzept entwickeln und dann ihre Anträge über den Schulträger an die Landesverwaltung schicken. Dort wird über die konkrete Verteilung der Mittel entschieden. Die Länder sollen zudem allen Lehrkräften Fortbildungen ermöglichen.
Bei der Ausstattung mit schnellem Internet und WLAN ist die Lage komplizierter. Hier sollen sich zwei Fördertöpfe ergänzen: Über das Breitbandprogramm des Bundesverkehrsministeriums soll die Internetanbindung bis in den Keller eines Schulgebäudes finanziert werden. Die Vernetzung innerhalb des Gebäudes sowie zwischen mehreren Schulgebäuden auf demselben Schulgelände, die WLAN-Ausleuchtung und die Anschaffung etwa von interaktiven Schultafeln sollen dagegen aus dem Digitalpakt finanziert werden. Die Ausstattung mit Smartphones oder Tablets ist dagegen nur in Ausnahmen Förderziel des Digitalpakts. Das bedeutet: Viele Schüler werden weiterhin am eigenen Gerät arbeiten müssen.
Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) verteidigte den Pakt. Das Programm schaffe die Voraussetzung für digitale Infrastruktur an Schulen. „Entscheidend ist doch, dass digitale Bildungsangebote in Schulen so flexibel und technikneutral wie möglich genutzt werden können“, so Karliczek.
„Neben den Geldern des Bundes für den Digitalpakt braucht es dafür kräftige Investitionen der Länder und Kommunen.“Udo Beckmann, Verband Bildung und Erziehung (VBE)