Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Schüler beklagen schweres Mathe-Abi
Petition mit fast Unterstützern. Ministerium will Noten abwarten. FDP-Chef fordert „sachgerechte Aufklärung“
War das Mathe-Abitur zu schwer? In Thüringen hat eine Petition, die erwirken will, dass Notenschlüssel und der Bewertungsmaßstab angepasst werden, bis Montagabend fast 4000 Unterstützer gehabt.
Gestartet wurde die Petition vom 16-jährigen Paul Göttlich aus Erfurt. Der junge Mann schreibt, nachdem er eine Klasse übersprungen und das Vorabitur mit der Note 1- absolviert hat, gerade Abitur am EdithStein-Gymnasium und begründet die Petition an die Staatssekretärin des Thüringer Kultusministeriums so: „In Kombination mit einer massiven Aufspaltung einzelner Aufgaben anstelle einer Verknüpfung dieser mit größeren Punktzahlen [...] waren die Aufgaben für viele Schülerinnen und Schüler in der gegebenen Zeit von 300 Minuten inklusive Einlesezeit schlichtweg nicht lösbar.“Selbst einige Lehrer hätten die Prüfung als unverhältnismäßig beschrieben. Der Thüringer Lehrerverband sieht das derzeit anders. Landesvorsitzender Rolf Busch erklärt auf Anfrage, dass Kollegen, mit denen er sprach, ihm berichtet hätten, dass es vor allem bei den zuvor schon leistungsschwächeren Schülern zu Problemen gekommen sein könnte. Dennoch plädiert Busch dafür, „die Schülerinnen und Schüler ernst zu nehmen“. Er sei froh, „dass wir in seinem System leben, in dem man auf einen mutmaßlichen Missstand hinweisen kann“.
Das Thüringer Bildungsministerium sieht aktuell keinen Anlass, die in der vergangenen Woche abgelegten Abiturprüfungen in Frage zu stellen. Ein Sprecher erklärt: „Alle Aufgaben der diesjährigen Prüfung entsprachen, wie auch in den Vorjahren, den Thüringer Lehrplänen.“Im Vorfeld seien die Aufgaben von Mitarbeitern der Mathematikdidaktik der Universität Jena geprüft und „probegerechnet“worden – die Ergebnisse dieser Prüfung seien in die Überarbeitung der Aufgaben eingegangen. Die Lehrpläne wiederum beruhten auf den nationalen Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife für das Fach Mathematik. „Die Aufgaben werden von den Aufgabenkommissionen gewissenhaft erstellt bzw. aus dem gemeinsamen Aufgabenpool der Bundesländer ausgewählt“, heißt es aus dem Ministerium.
Die Mitglieder dieser Kommissionen seien viele Jahre in dem Beruf tätig. Zudem seien die Aufgaben im Vorfeld sowohl von weiteren Thüringer Lehrkräften als auch von Mitarbeitern der Mathematikdidaktik der Universität Jena geprüft und „probegerechnet“und die Ergebnisse dieser Schritte in die Überarbeitung der Aufgaben einbezogen worden.
Gleichwohl sagt der Ministeriumssprecher, dass die Hinweise ernst zu nehmen sind. Gründe für eine Überprüfung würden sich erst ergeben, wenn die Rückmeldungen der Fachlehrer oder der Notendurchschnitt „eine signifikante Veränderung“der Schwierigkeit vermuten ließen.
Dem Thüringer FDP-Chef Thomas L. Kemmerich, der die Petition ebenfalls unterzeichnet hat, ist das zu wenig. Er fordert: „Das Bildungsministerium ist in der Pflicht, zu prüfen, ob an den Bedenken der Schüler etwas dran ist. Dafür muss man nicht auf die Noten warten.“Kemmerich kritisiert die Situation jetzt als ein Ergebnis einer in Thüringer existierenden „desaströsen Schullandschaft“. Vor diesem Hintergrund müsse man sich nicht wundern, dass derlei unglückliche Situationen entstehen. Die müssten sachgerecht aufgeklärt werden.
Das fordert auch der Lehrerverband, der sich aber eher auf der Seite des Ministeriums sieht. Rolf Busch hält es für den richtigen Weg, dass zunächst darauf geschaut wird, wie die Noten ausfallen und ob sich daraus Erkenntnisse ableiten lassen, die auf ein zu schweres Mathe-Abitur schließen ließen.
3884 Schülerinnen und Schüler haben das Mathe-Abitur in diesem Jahr geschrieben. 82 mehr als noch 2018. Insgesamt legen in diesem 7017 Schülerinnen und Schüler in Thüringen das Abitur ab.
Aufgaben an der Uni Jena „probegerechnet“