Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Allianz der Rechten gegen Europa
Wie gefährlich für den Zusammenhalt in der Europäischen Union sind Salvini, Orbán und Co?
die Abgeordneten in einer Fraktion sammeln.
Aus Deutschland ist die AfD dabei, denen Demoskopen etwa zehn Prozent der Stimmen vorhersagen. In Frankreich könnte die rechtsradikale Nationale Sammlungsbewegung von Marine Le Pen als Sieger aus den Wahlen hervorgehen. In Italien hat Salvinis Lega ebenfalls Chancen, stärkste Kraft zu werden. Seine Truppe saß bereits in dieser Wahlperiode mit Le Pens Leuten, der niederländischen Freiheitspartei von Geert Wilders und den Abgeordneten der österreichischen FPÖ zusammen in einer Fraktion. Neu hinzustoßen könnten neben der AfD unter anderem wohl die Schwedenpartei, die Wahren Finnen, die dänische Volkspartei und die spanische Vox.
Die Schlagkraft der EU-Kritiker ist größer geworden, weil sie ihre Taktik geändert haben: Nach dem Trauerspiel um den mehrfach verschobenen Brexit sind Forderungen nach einem EU-Austritt weiterer Länder vom Tisch. Stattdessen wollen die Gegner jetzt die EU von innen verändern, zum Teil sogar zerstören – unter der Parole „Europa der Vaterländer“soll eine lockerere Zusammenarbeit der Staaten die bisherige Integration ersetzen. Allerdings: In Spanien blieben die Rechten bei den nationalen Wahlen hinter den Erwartungen zurück, in Skandinavien stagnieren sie. Und die polnische PiS-Partei hat dem russlandfreundlichen Bündnis eine Absage erteilt.
Auch wenn die Rechtspopulisten zulegen, im Extremfall sogar die größte Gruppe stellen könnten – sie wären weit davon entfernt, eine Mehrheit im EUParlament zu bilden oder als starke Blockademacht aufzutreten. Dass es wirklich zum breiten Schulterschluss in einer einzigen Fraktion kommt, die inhaltlich geschlossen auftreten könnte, ist mehr als fraglich. Die Unterschiede sind nach wie vor groß. Salvini etwa möchte, dass andere EU-Staaten Flüchtlinge aus Italien aufnehmen und Brüssel eine höhere Schuldenaufnahme erlaubt – beides kommt für die deutschen oder skandinavischen Bündnispartner nicht infrage. Größere Mitsprachemöglichkeiten haben Rechtspopulisten über nationale Wahlen. Wenn sie in ihrem Land eine Regierungsbeteiligung erreichen, können sie über den EURat die Europapolitik viel stärker beeinflussen.
Für die europäischen Christdemokraten, die in der Europäischen Volkspartei (EVP) zusammengeschlossen sind, wird Orbáns Rolle in der Rechtsallianz indes zum immer größeren Problem: Formal gehört Orbáns Fidesz-Partei noch der EVP an – wegen seiner Eskapaden ist die Mitgliedschaft aber ausgesetzt, ein Expertengremium soll beraten, wie es weitergeht. Die EVPSpitze hatte gehofft, damit über die Europawahlen zu kommen. Orbáns Truppe könnte im neuen EU-Parlament bei der Wahl des Kommissionspräsidenten die entscheidenden Stimmen für den EVP-Kandidaten Manfred Weber (CSU) liefern. Doch Orbán verweigert Weber die Unterstützung, weil dieser gesagt habe, dass er nicht mit ungarischen Wählerstimmen Kommissionschef werden wolle. Dies sei ein so „schwerwiegender Standpunkt“, dass er Weber nicht weiter unterstützen könne.
Was Orbán wirklich im Schilde führt, könnte sich am 18. Mai herausstellen, wenn die Rechtsallianz in Mailand eine Großkundgebung abhält. Salvini schwärmt von einer „nationalistischen Internationalen“und spielt mit dem Gedanken, für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten zu kandidieren.