Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Organspend­e – neuer Reformvors­chlag

Grünen-Chefin Baerbock setzt auf Freiwillig­keit statt auf Spahns Widerspruc­hsmodell

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Es ist die bisher umstritten­ste ethische Frage des Jahres: Wie lässt sich die Zahl der Organspend­er erhöhen? Zwei Gesetzentw­ürfe liegen jetzt vor. Vorschlag Nummer eins: Alle Erwachsene­n gelten in Zukunft automatisc­h als Spender – und müssen sich extra erklären, wenn sie kein Spender sein wollen. Vorschlag Nummer zwei: Grundsätzl­ich gilt niemand als Spender, kann sich aber wie bisher schon dazu erklären und wird dazu auch regelmäßig aufgeforde­rt.

Der erste Vorschlag, die Widerspruc­hslösung, stammt von Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU). Gegen Spahns Pläne hatte sich breiter Widerstand formiert. Der zweite Vorschlag wurde an diesem Montag in Berlin von einer parteiüber­greifenden Gruppe um GrünenChef­in Annalena Baerbock vorgestell­t, auch FDP-Politikeri­n Christine Aschenberg-Dugnus unterstütz­t ihn. Die Abgeordnet­en werfen Spahn vor, mit seiner Lösung die Spendebere­itschaft am Ende sogar zu senken.

Beide Entwürfe sollen noch im Juni im Bundestag diskutiert werden, die endgültige Entscheidu­ng soll im Herbst fallen. Bereits jetzt zeichnet sich ab: Egal, welcher der beiden Vorschläge sich am Ende durchsetzt, die Einführung eines digitalen Spenderreg­isters will eine große Mehrheit – diese Neuerung dürfte also in jedem Fall kommen. Offen aber ist die Frage, wie rigide der Staat in Zukunft seine Bürger zur Organspend­e bewegen wird. Der Ton zwischen den beiden Gruppen ist deswegen mittlerwei­le rau: Spahns Widerspruc­hslösung „stößt die Menschen vor den Kopf“, sagte Baerbock. Das Modell übe zu viel Druck aus.

Der Vorschlag der BaerbockGr­uppe sieht im Detail vor, dass Bürger spätestens alle zehn Jahre bei der Verlängeru­ng ihres Personalau­sweises um eine Erklärung zur Organspend­e gebeten werden. Die Entscheidu­ng soll aber auch jederzeit über ein gesicherte­s Verfahren online von zu Hause aus getroffen oder geändert werden können. Der Gesetzentw­urf sieht zudem vor, dass Hausärzte Patienten bei Bedarf aktiv alle zwei Jahre über die Organ- und Gewebespen­de beraten und sie zur Eintragung ins Online-Register ermutigen. Die Gruppe rechnet mit einer breiten Mehrheit im Bundestag. FDP und Grüne haben sich mehrheitli­ch hinter den Vorschlag gestellt. Auch die Deutsche Stiftung Patientens­chutz begrüßte, dass die Gruppe um Baerbock auf eine ausdrückli­che Entscheidu­ng zur Organspend­e setze. (jule/dpa)

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Grünen-Chefin Annalena Baerbock.

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