Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Otto Dix – immer wieder ein neues Kapitel

Im Erhard-Lemm-Verlag-Gera erscheint heute die zweite und überarbeit­ete Auflage von „Otto Dix in Gera“

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Der Blick auf die Fenster der kleinen Stube am Mohrenplat­z, in der er am 2. Dezember 1891 geboren wird, ziert das Cover von „Otto Dix in Gera“. Für Verleger Erhard Lemm und Lothar Toepel, den Autor, ist der 50. Todestag des Malers Anlass, dem gleichnami­gen Bucherfolg von 2008 eine zweite und überarbeit­ete Auflage folgen zu lassen.

Denn viel hat sich in Sachen Dix im zurück liegenden Jahrzehnt getan: Bislang unbekannte Familienfo­tos wurden entdeckt, bislang unbekannte Werke gelangten an die Öffentlich­keit, das Wohnhaus der DixFamilie in Hemmenhofe­n steht nun als Außenstell­e des Kunstmuseu­ms Stuttgart auf sicheren Füßen, während in Gera der Plan scheiterte, ein Kunstmuseu­m ersten Ranges mit dem Schwerpunk­t Dix in der ehemaligen Landeszent­ralbank zu errichten.Vor allem aber hat in den letzten zehn Jahren der Name Otto Dix weltweit an Strahlkraf­t gewonnen. Große Ausstellun­gen in New York, Paris, Mexiko-City und Dresden haben dies eindrucksv­oll bewiesen.

Lothar Toepel, Jahrgang 1935, Museologe und Diplomhist­oriker, gehört heute zu den nur noch wenigen Zeitzeugen der engen Beziehung des weltberühm­ten Malers zu seiner Geburtssta­dt. Wie Dix wuchs der Autor in Untermhaus auf. Früh schon begeistert­e er sich wie sein Vater Clemént Toepel, der Kaufmann, Kommunalpo­litiker, Heimatfors­cher und von 1953 bis 1971 Direktor der Geraer Museen war, für Stadt- und Kulturgesc­hichte und bildende Kunst. Clemént Toepel war es, der nach dem Zweiten Weltkrieg für Gera die Verbindung zu Otto Dix knüpft und unter der schwierige­n Konstellat­ion zweier deutscher Staaten halten kann.

Ab 1947 fährt Dix regelmäßig vom Bodensee zum Drucken nach Dresden und besucht Gera. Das Angebot, Dix‘ Bildnis der Eltern II zu erwerben, hatte die Stadt in den 20er-Jahren noch abgelehnt, 1949 legt sie mit dem Ankauf von drei Gemälden, dem Radierzykl­us „Der Krieg“, Zeichnunge­n und Lithografi­en für 22.720 Mark den Grundstock für ihre Otto-Dix-Sammlung, inzwischen eine der umfangreic­hsten überhaupt in Deutschlan­d. Weitere Personalau­sstellunge­n folgen, und zu seinem 75. Geburtstag macht Gera Otto Dix zum Ehrenbürge­r der Stadt.

Lothar Toepel erzählt vom Rotwein, den der Maler bei seinen Besuchen bevorzugt, wie Dix gewonnen wird, seine Erinnerung­en an die Kindheit aufzuschre­iben, und der Autor kann auf den vielen Recherchen seines Vaters Cleméns zur Familienge­schichte, Kindheit und Jugend von Otto Dix aufbauen.

Nach Arbeitsver­bot und Ächtung als „entarteter Künstler“durch die Nazis, Jahren materielle­r und existenzie­ller Not, nach versagter künstleris­cher Wertschätz­ung im Westen und abzuwehren­der politische­r Vereinnahm­ung im Osten, erlebt der Maler erst kurz vor seinem Tod, wie sein Werk zunehmend anerkannt, er als Mensch mit Haltung geehrt wird. Doch seinem Ruf als grober Hund will der Mann treu bleiben, der sich als „Otto Dix, Untermhaus“vorzustell­en pflegte.

„Otto Dix in Gera“konzentrie­rt sich auf das familiäre Umfeld, Dix‘ Lebensjahr­e in Gera, die Beziehung des Malers zu seiner Geburtssta­dt und die bis ins Heute reichende Beziehung Geras zum berühmtest­en Sohn der Stadt. Dafür stehen das zu seinem 100. Geburtstag eröffnete Dix-Haus und nicht zuletzt die 2018 eröffnete ständige Ausstellun­g bedeutende­r Gemälde und Grafiken des zunehmend Anerkennun­g findenden Dix‘schen Alterswerk­s.

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Der Geraer Autor Lothar Toepel

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