Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Raupenplage: Gera sagt „Nein“zu Insektizid
Ein Mittel, das die Tierchen vernichten könnte, würde auch anderen Lebewesen schaden
Zur Bekämpfung der heftigen Raupenplage in Gera-Liebschwitz will die Stadt vorerst kein Insektizid einsetzen. Ein Mittel, das die bis zu fünf Zentimeter langen Schwammspinner-Raupen in ihrem jetzigen Entwicklungsstadium noch vernichten könnte, würde auch anderen Lebewesen und der Umwelt schaden, sagte Konrad Nickschick, Fachdienstleiter Umwelt bei der Stadt, gestern. „Das würde andere Insekten im Breitband hinwegraffen, weil es nicht spezifisch wirkt.“
Seit mehr als zwei Wochen kämpfen Anwohner in GeraLiebschwitz gegen die schwarzbraunen Raupen. Die Tiere treten massenweise auf und fressen Pflanzen in den Gärten kahl. Nickschick sprach am Montag von Millionen Tieren, die sich im Ortsteil ausgebreitet hätten. Hauptnahrungsmittel der Raupen sind Eichenblätter, wie eine Sprecherin der Stadt sagte. Die Tiere seien aus einem nahe gelegenen Eichenwald nach GeraLiebschwitz gekommen. Die Kommune bot den Anwohnern vergangene Woche Ausweichquartiere an – diese wurden allerdings nicht in Anspruch genommen, wie die Sprecherin sagte. Die Feuerwehr verteilte Fliegengitter.
Die Stadt beriet gestern mit Bürgern, Vertretern des Forstamts Weida und des Thüringer Landesamts für Landwirtschaft über das Problem. Ein weiterer runder Tisch ist für Herbst geplant, wenn es einen Überblick über die Zahl der gelegten Eier geben soll. Diese könnten abgesammelt werden, bevor die Raupen schlüpfen, so Nickschick. Im kommenden Jahr könnten die Raupen frühzeitig mit einem biologischen Schädlingsbekämpfungsmittel beseitigt werden.
Auch in Bayern leiden die Menschen unter den Raupen. Zu Tausenden bevölkern auch dort die Tierchen Gärten und Häuser und sogar das Freibad in Gunzenhausen bei Nürnberg. In diesem Frühjahr habe sich das Insekt im Wald der mittelfränkischen Stadt explosionsartig vermehrt, sagte eine Sprecherin der Stadt. Vor Gunzenhausen habe die Raupen bereits ein 117 Hektar großes Waldgelände kahlgefressen – und sich in den vergangenen Tagen auf den Weg in die benachbarte Siedlung gemacht. Viele Anwohner seien mit den Nerven am Ende. Sie kämen nachts, sie kämen an den Kopf, und man werde sie nicht mehr los, klagte eine geplagte Hausbesitzerin im Bayerischen Rundfunk. Als Soforthilfe seien professionelle Schädlingsbekämpfer beauftragt worden.
Der Schwammspinner (Lymantria dispar) ist ein wärmeliebender Nachtfalter. Er neigt besonders nach warm-trockenen Frühsommern zu Massenvermehrungen, die das Wachstum der Bäume stark beeinträchtigen und für den Menschen lästig sein können. (dpa)