Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Ägyptens Ex-Präsident Mursi stirbt im Gerichtssaal
Er war der erste frei gewählte Staatschef. Sein Sturz symbolisiert auch den Niedergang der islamistischen Muslimbrüder
Der frühere ägyptische Präsident Mohammed Mursi ist tot. Der ehemalige Staatschef sei am Montag während eines Prozesses gegen ihn ohnmächtig geworden und gestorben, berichtete das ägyptische Staatsfernsehen. Mursi wurde 67 Jahre alt. Die genaue Todesursache war zunächst unbekannt.
Der Islamist war im Juni 2012 als erster frei gewählter Präsident des nordafrikanischen Landes an die Macht gekommen. Er wurde Nachfolger von Langzeitherrscher Husni Mubarak, der im Februar 2011 nach Massenprotesten vor allem auf dem Kairoer Tahrir-Platz abtreten musste. Mursis Amtsübernahme verband sich mit der Hoffnung, dass Ägypten nach Jahrzehnten der autoritären Herrschaft der Übergang in die Demokratie gelingen könnte. Diese Hoffnungen wurden – wie auch in anderen Ländern der arabischen Welt – bitter enttäuscht.
Mursi gehörte lange den islamistischen Muslimbrüdern an, die von vielen in Ägypten misstrauisch beobachtet werden. Während seiner Herrschaft kam es immer wieder zu Demonstrationen, aus denen im Sommer 2013 Massenproteste gegen den damaligen Präsidenten wurden. Seine Kritiker warfen ihm vor, die Interessen der Muslimbrüder an die erste Stelle zu setzen und eine religiöse Herrschaft errichten zu wollen. Am 3. Juli 2013 griff das Militär unter Führung des heutigen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi ein. Nach einem Ultimatum setzte es Mursi bei einem Putsch ab und übernahm selbst die Macht am Nil.
Mursis Präsidentschaft war geprägt von Konfl ikten mit dem Militär, mit der Justiz und mit der Revolutionsjugend, die die Revolte gegen Mubarak getragen hatte. Mursi schaffte es vor allem nicht, Vertrauen zu nichtislamistischen Gruppen aufzubauen. Gleichzeitig arbeiteten aber auch viele Staatsorgane gegen ihn. Vor allem in der Justiz traf er auf starken Widerstand. Anhänger der Islamisten sprachen von alten Seilschaften aus Zeiten der Mubarak-Herrschaft. Mursi entließ zwar im August den Armeechef und Verteidigungsminister Mohammed Hussein Tantawi sowie den Generalstabschef Sami Anan, konnte aber das Militär, den eigentlichen Herrscher Ägyptens, nicht entmachten.
Mursis Karriere war typisch für die eines Muslimbruders. Er wurde 1951 in einem Dorf der Provinz Scharkija als Sohn eines Bauern geboren. Einen Teil seiner akademischen Laufbahn absolvierte er in den USA. Als Maschinenbau-Ingenieur gelang ihm ein sozialer Aufstieg. Seine Anhänger sahen in ihm bis zu seinem Tod den rechtmäßigen Präsidenten des Landes. Sein Sturz symbolisiert auch den Niedergang der Muslimbrüder. Mursi wurde mehrfach zu langen Haftstrafen verurteilt. Bis zu seinem Tod saß er im Gefängnis. Wie ihm erging es vielen Muslimbrüdern. (dpa)