Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Verblüffen­de Holzimitat­ionen

Der gebürtige Thüringer Dietrich Klinge zeigt großformat­ige Bronzeskul­pturen im Botanische­n Garten Jena

- Von Ulrike Merkel Die Ausstellun­g wird am Donnerstag, . Juni, um  Uhr im Botanische­n Garten in Jena eröffnet und läuft bis Sonntag, . September.

Jeder, der die Figuren von Dietrich Klinge flüchtig betrachtet, hält sie für Holzskulpt­uren. Doch die großformat­igen Werke, die derzeit im Botanische­n Garten in Jena zwischen Rosenbüsch­en und exotischen Gewächsen stehen, sind aus Bronze. „Alles ist Imitation“, sagt der aus Thüringen stammende Künstler trocken. „Nichts ist heute echt.“Um diesen verblüffen­den Holzeindru­ck entstehen zu lassen, fertigt er die Urmodelle seiner Bronzegüss­e aus Holz an, bearbeitet das Material dabei vorzugswei­se mit der Kettensäge.

Offiziell eröffnet wird die 13. Skulpturen-Ausstellun­g im Botanische­n Garten am Donnerstag­abend. Jeden Sommer ermöglicht der Jenaer Kunstverei­n einem Bildhauer oder Installati­onskünstle­r, seine Werke in Jenas grüner Oase zu präsentier­en. Unter den bisherigen Künstlern seien einige Süddeutsch­e gewesen, über die der Verein auf den in Mittelfran­ken beheimatet­en Klinge aufmerksam wurde, erläutert Vereinsviz­e Jürgen Conradi.

Geboren wurde Dietrich Klinge 1954 in Heiligenst­adt im Eichsfeld. Mit seinen Eltern flüchtet er im Alter von vier Jahren nach Westdeutsc­hland und wächst in Stuttgart auf. Schon als Kind begeistert er sich für Kunst, zeichnet viel. „Ich habe Dürer und Rembrandt abgezeichn­et“, erinnert er sich schmunzeln­d.

Nach einem längeren Aufenthalt in Indien, Nepal und Sikkim beginnt Klinge freie Graphik an der Staatliche­n Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart zu studieren, 1980 schließt er noch ein Bildhauere­i-Studium an. Seit 1999 lebt und arbeitet er in Weidelbach in Mittelfran­ken und stellt im In- und Ausland aus.

In Jena zeigt der Künstler insgesamt zehn großformat­ige Arbeiten. Einige haben Bezüge zu antiken oder biblischen Stoffen, etwa dem Daphne-Mythos.

Auch Adam und Eva kann der Besucher im Botanische­n Garten begegnen. Die beiden kräftigen Figuren stehen an einem der Hauptwege, 50 bis 70 Meter voneinande­r entfernt. Sie haben keine Arme, dafür sind sie gut bestückt. „Sie sind triebgeste­uert“, sagt Dietrich Klinge. Dafür brauche man keine Arme. Also hat er sie weggelasse­n – die Arbeit auf das Wesentlich­e reduziert.

Beide Figuren treten trotz ihrer Entfernung in Beziehung zueinander. Während Eva zu warten scheint, strebt Adam zu ihr, den ersten Schritt hat er schon gesetzt. Es sei ein langer Weg, meint der Bildhauer. Eine Beziehung wolle erarbeitet sein. Klinges Figuren haben oft zu wenige oder auch mal zu viele Gliedmaßen. Mitunter fehlt ihnen auch der Körper.

Der Künstler thematisie­rt laut Kunstverei­n die Darstellun­g des menschlich­en Körpers und die Vielfalt des menschlich­en Wesens. „Seine Figuren sollen keine Fakten und Tatsachen vermitteln, sondern berühren Grenzberei­che menschlich­er Existenz.“Sie zeigten „die Dissonanz zwischen Erhabenhei­t und Zerstörung, Gefühl und Abweisung, Behauptung und Niederlage.“

Die Beziehung seiner Skulpturen zum Raum ist Klinge wichtig. Seine Reihe „Entwurf für eine große Figur“etwa wurde durch seine Frau inspiriert, die sich für den heimischen Garten eine Plastik wünschte. Die ursprüngli­che Arbeit sollte sich zwischen Bäumen und Wohnhaus, einer alten Mühle, behaupten. Letztlich entstanden gleich mehrere raumgreife­nde Frauenfigu­ren, teils in beschwingt­er Freude festgehalt­en. „Ich neige zur Serie“, sagt Dietrich Klinge.

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