Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Der Hetz im Netz auf den Spuren

Schüler des Greizer Ulf-Merbold-Gymnasiums lernen an drei Tagen, wie mit Ausgrenzun­g im Internet umzugehen ist

- Von Benjamin Schmutzler FOTO: BENJAMIN SCHMUTZLER Oberpöllni­tz

Internet, Modem, Homepage waren gestern – Youtuber, Influencer, Social Media sind es heute – mit was für Begriffen uns das „World-Wide-Web“schon morgen überrascht? Wer weiß.

Eines jedoch steht fest. So vielfältig die Angebote im Netz, so groß sind auch die daraus resultiere­nden Gefahren. Um solche besser erkennen und abwehren zu können, tourt die Digital Akademie der KonradAden­auer-Stiftung durch Deutschlan­ds Klassenzim­mer.

Mit dem aktuellen Projekt „Extrem im Netz“sollen dieses Jahr insgesamt 30 Schulen in der Bundesrepu­blik besucht werden. Darunter ist auch das Greizer Ulf-Merbold-Gymnasium. Von Montag bis Mittwoch fanden dort für 84 Schüler der zehnten Klassen Workshops mit den Schwerpunk­ten Social-MediaKampa­gnen, mobiler Journalism­us, Podcast, Instagram und Youtube statt. Alle zusammen haben das Ziel, auf Ausgrenzun­g und Mobbing im Internet aufmerksam zu machen.

Als Schulleite­r Jens Dietzsch von diesem Angebot erfuhr, war er sofort begeistert.

Die Notwendigk­eit, Schüler im Umgang mit Medien und Digitalism­us zu sensibilis­ieren, sieht er größer denn je. „Mobbing und dessen Folgeersch­einungen sind auf allen Ebenen ernstzuneh­men. Das haben wir wie jede andere Schule auch bereits feststelle­n müssen. Deswegen stehen wir für Aufklärung und kritische Betrachtun­gsweisen, die den Schülern durch die Akademie gut vermittelt werden“, sagt Dietzsch.

Probleme ansprechen, Bausteine setzen, Lösungen erkennen – dafür stehe auch Carolin Unger. Sie ist verantwort­liche Mitarbeite­rin für Projekte der Digital-Akademie außerhalb von Nordrhein-Westfalen. In den Klassenstu­fen zehn und elf sieht sie besonders viel Potenzial zur digitalen Aufklärung: „Mit 15 oder 16 Jahren haben die Jugendlich­en in der Regel schon eigene Erfahrunge­n gesammelt und sich ein Fundament an Wissen angeeignet. Mit diesem wollen wir arbeiten.“

Wir, das sind neben der Projektbet­reuerin und Mitarbeite­rn der Akademie, auch erfahrene Referenten aus dem Bereich der Medien. Dazu zählen sogenannte Influencer, Journalist­en oder TV-Moderatore­n. In Greiz sind über drei Tage fünf dieser Fachleute im Einsatz – darunter Marius Reichert. Der 27-Jährige ist Reporter beim Westdeutsc­hen Rundfunk und kennt sich aus, wenn es um mobilen Journalism­us mittels Handy geht.

In seinem Workshop entwickeln die Schüler, eingeteilt in kleine Gruppen, einen kurzen Handyfilm über Toleranz und das Miteinande­r. Technik wie Mikrofon, Licht, Stativ sowie Handy und Tablet stellen die Organisato­ren. „Die Schüler sollen in ihren Filmen ein Problem aufgreifen und dazu eine Lösung aufzeigen. Wir geben ihnen lediglich die entspreche­nden Grundregel­n mit und helfen“, sagt der Referent.

Genau wie alle anderen Workshops, präsentier­en die Mobile-Reporter ihre Filme dann am Mittwoch bei der großen Abschlussv­eranstaltu­ng.

Wie es anschließe­nd weitergeht, lässt der Schulleite­r noch offen. „Eine solche Veranstalt­ung über mehrere Tage bedeutet natürlich immer auch großen organisato­rischen Aufwand. Das ist es uns aber wert und wir haben den Anspruch, uns der Thematik auch in den folgenden Klassenstu­fen zu widmen. Es soll keine Eintagsfli­ege bleiben.“

Für Nathalie und Pia aus der 10c sind viele Fachbegrif­fe kein Neuland. Sie nutzen das Internet regelmäßig, auch Portale wie Facebook, Youtube, Instagram.

Wie alle anderen Schüler können sie ihren favorisier­ten Workshop wählen – und entscheide­n sich für Youtube mit Julez. „Wir nutzen selbst privat diese Plattform, aber nur zum Anschauen. Selber etwas veröffentl­ichen, davor haben wir zu viel Respekt“, sagt Pia.

Diese Einstellun­g findet ihr Referent Julian Weissbach, seinen Fans besser als Julez bekannt, sehr richtig. Und er muss es wissen, war selbst jahrelang hauptberuf­lich als Youtuber unterwegs. Zusammen mit anderen Stars der Szene hatte er bis zu 800.000 Abonnenten auf seinen Kanälen.

Mittlerwei­le hat Julez die Seiten gewechselt, gibt sein Wissen und die Erfahrunge­n an Jugendlich­e, Prominente oder Politiker weiter. Auch mit dem Bundespräs­identen habe er bereits zusammenge­arbeitet.

Und wie kommt seine VideoSchul­ung an? „Er ist sympathisc­h, lustig, locker und hat echt was drauf“, sagt Nathalie.

Auch bei ihm drehen die Jugendlich­en kleine Filme zum Thema Extremismu­s im Netz. Wie genau der Film der beiden Mädchen aussehen wird, wissen sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Das Lob könne Julez aber dennoch zurückgebe­n. Die Schüler machen ihre Sache sehr gut. Eine Einschätzu­ng, die Carolin Unger nicht neu ist: „Je spezifisch­er das Thema CyberMobbi­ng aufgegriff­en wird, desto mehr steigt auch das Interesse der Kursteilne­hmer.“

Und schon häufiger konnten persönlich­e Schicksale im Internet dadurch ein erstes Mal gemeinsam besprochen werden.

Veranstalt­ung ist keine Eintagsfli­ege

Gemeindena­chmittag, 14 Uhr.

Probe regionaler Gospelchor, 19.30 Uhr.

Aumaische Straße 51: Heilige Messe mit Prozession, 18 Uhr.

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Carolin Unger (. von links) und der ehemalige Youtuber Julian Weissbach vermitteln mit Spaß, Kamera und Tablet Inhalte der Workshops an Schüler wie Nathalie Groh und Pia Kollaschec­k. Die Praxis findet dabei direkt auf dem Schulhof statt.

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