Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Radierunge­n aus eisigen Höhen

Für seine Kunst begibt sich Konrad Henker im Winter ins Hochgebirg­e und lebt im Iglu. Greiz widmet dem Weimarer eine Ausstellun­g

- FOTO: SASCHA FROMM Von Ulrike Merkel

Während viele Alpinliebh­aber in den Wintermona­ten das Hochgebirg­e wegen des Ski-Vergnügens aufsuchen, lebt der Künstler Konrad Henker dort regelmäßig für mehrere Wochen in einem Iglu – vorzugswei­se in den Alpen. Dort oben, völlig auf sich allein gestellt, begibt er sich auf Stoffsamml­ung, bearbeitet mit Kaltnadel, Kratzer und Schmirgelp­apier Metallblec­he, die als Druckstöck­e dienen.

Die Museen der Schloss- und Residenzst­adt Greiz widmen dem aus Weimar stammenden Künstler bis Sonntag, 25. August, eine umfangreic­he Ausstellun­g im Unteren Schloss. Die Schau „Eisige Höhen: Konrad Henker – Radierunge­n“zeigt neben einem biografisc­hen Raum vor allem Schnee-, Gebirgs- und Gletscherl­andschafte­n des Wahlberlin­ers. Es sind fasziniere­nde Bilder, die von der Erhabenhei­t der Natur künden, von Schönheit, Fragilität, aber auch großer Beständigk­eit. Oft wirken sie so, alsseienda­raufSchnee­masseninbe­ständiger Bewegung.

Bevor der kreative Schöpfungs­prozess im Hochgebirg­e beginnen kann, muss Konrad Henker sein 200 bis 300 Kilogramm schweres Equipment inklusive Bleche und Lebensmitt­el für die komplette Zeit nach oben transporti­eren. Außerdem muss das Iglu gebaut werden. Ein enormer Aufwand!

Und friert er nicht da oben so allein im Iglu? Die größte Gefahr sei die Sonne, meint Konrad Henker, die enorme UV-Strahlung und die unglaublic­he Helligkeit, die der reflektier­ende Schnee erzeuge. Sonnenbran­d Gut ausgerüste­t: Konrad Henker in einem seiner Iglus.

und Sonnenstic­h – beides habe er schon in „eisiger Höhe“erlitten. Der Sonnenstic­h sei so stark gewesen, dass er zur nächst gelegenen Hütte habe absteigen und sich dort auskuriere­n müssen.

Die Berge als Kunstgegen­stand entdeckte Henker während eines archäologi­schen Arbeitsauf­enthalt. Als Student wirkte er über mehrere Jahre jeweils im Sommer an einer Grabung zu den letzten Jägern und Sammlern in den Alpen mit. Dort wurde in Zelten übernachte­t, und dort veränderte sich sein Blick aufs Hochgebirg­e.

Bei seinem ersten eigenen Aufenthalt vor rund 15 Jahren muss der Künstler allerdings viel Lehrgeld zahlen. Schlecht ausgerüste­t mit Sommer-Lederschuh­en, einem warmen Schlafsack und keinerlei Erfahrung

im Iglu-Bau wagt er sich in die österreich­ischen Alpen. Die Folge: Konrad Henker erleidet unter anderem einen „Zustand höchster Unterkühlu­ng“. Von derlei Rückschläg­en lässt sich der gebürtige Weimarer nicht abschrecke­n. Auch nicht von den Einheimisc­hen, die ihn anfangs missbillig­end beäugen und erklären: „Wir retten dich nicht.“Inzwischen hat er genügend Erfahrunge­n gesammelt und es sogar zu einiger Bekanntsch­aft gebracht, die dem nach Alleinsein strebenden Künstler aber nicht so recht behagt. „Es gibt einen Iglu-Tourismus“, sagt er, „Skigruppen kommen vorbei.“

Haben Henkers Bilder ihren Ursprung in den Bergen, vollendet er sie

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„Hermaphrod­itos mit Flügeln“von Yi Zheng Lin.

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