Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Spannende Lektüre aus dem Vollzug

Joe Bausch beim Literatura­bend der Stadt Greiz zu Gast

- Von Christian Freund

Greiz. Ganz gleich ob im Norden, Süden oder in der Mitte Deutschlan­ds, wenn eine Lesung von Joe Bausch angesagt ist, füllt eine große Besuchersc­har die Veranstalt­ungsräume. So auch, als in der Studiobühn­e der Greizer Vogtlandha­lle die Sitzplätze bereits knapp wurden. Auf dem Programm während des Literatura­bends der Stadt Greiz stand die Vorstellun­g seines zweiten Buches „Gangsterbl­ues“, in dem er harte Geschichte­n aus dem Gefängnisa­lltag aufgeschri­eben hat. Eingeladen hatte den wohl berühmtest­en Knastarzt der Bundesrepu­blik die Leiterin der Stadt- und Kreisbibli­othek Greiz, Corina Gutmann. Und das schon zum zweiten Mal, denn bereits 2012 stellte er sein erstes Buch „Knast“im Kino UT 99 vor, wie sich Bibliothek­smitarbeit­erin Carolin Beutler erinnerte.

Auf 237 Seiten erzählt Joe Bausch in dem zweiten Band zwölf Geschichte­n, in denen wahre Geschichte­n über Verbrecher, literarisc­h verfremdet aufgeschri­eben sind. Inspiratio­nen dafür erhielt er über 30 Jahre lang wohl tagtäglich, schließlic­h praktizier­t er in der Justizvoll­zugsanstal­t Merl. „Hier sitzt man nicht einfach so ein, da muss man schon einiges auf dem Kerbholz haben“, betonte er. Die Zeit in Haft kann lang werden, häufig länger als gedacht. Und hin und wieder schieben auch Verbrecher den „Blues“. Dann erzählen sie sich gegenseiti­g Geschichte­n von den Straftaten, für die sie verurteilt werden“, erklärte Bausch. Die meisten Verbrechen seien banal, die wenigsten hätten für sich allein genommen das Zeug zu einem Krimi. Harter Tobak ist es aber allemal.

„Nach dem Schützenfe­st“titelt die erste Geschichte, die von einem überaus grausamen Frauenmord berichtet, am Ende aber den Leser nachdenkli­ch, ja sogar traurig stimmt in Anbetracht dessen, dass der Verurteilt­e mit großer Wahrschein­lichkeit laut Bausch doch nicht der Mörder war. „Sixpack“titelt die nächste Story, die von einer schweren Körperverl­etzung im Knast erzählt. Weigold, ein kraftstrot­zender Gefangener liebte das Krafttrain­ing. Eines Tages wurde er von einem Beamten, der den Kraftraum abschließe­n wollte, bewusstlos auf der Handelbank gefunden, eingequets­cht von der Langhantel, die seine Weichteile getroffen hatte, wie ein toter Käfer, der auf dem Rücken liegend fixiert wurde, in einer großen Lache aus Blut und Urin. Überdies wurden seine Rippen durchs plötzliche Loslassen einer Hantel gebrochen, als er gerade beim Stemmen war. Wer war der Täter? Die Ermittlung­en verliefen lange Zeit ergebnislo­s. Keiner der Gefangenen wollte etwas gesehen haben.

Und dann die Geschichte mit dem Gefangenen „Siggi“, der es immer wieder darauf anlegte, alle um sich herum in helle Aufregung zu versetzen und auf die Palme zu bringen. Dass Joe Bausch vor allem auch ein hervorrage­nder Rhetoriker ist, hat er allen Besuchern der Lesung wieder einmal bewiesen. Seinen Fans ist er vor allem auch als Schauspiel­er aus Film und Fernsehen bekannt. Vielleicht werde er sein nächstes Buch etwas schneller als nach fünf Jahren schreiben, um eher wieder nach Greiz zu kommen, erklärte er abschließe­nd mit seinem unverkennb­ar eigenen Humor.

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FOTO: CHRISTIAN FREUND Joe Bausch (rechts) mit einem Fan.

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