Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Hippie-Romantik mit Komfort

Wohnen im Hausboot

- Von Tino Zippel

Gera. Eine brutale Attacke auf einen Mann im Geraer Küchengart­en, eine Verfolgung­sjagd durchs Geraer Stadtzentr­um mit mehreren beschädigt­en Fahrzeugen und eine geklaute Tafel Schokolade. Die Liste der vorgeworfe­nen Straftaten ist lang beim 39-jährigen Angeklagte­n, der am Freitag ins Landgerich­t Gera geführt wird.

Anders als sonst begleiten gleich drei Justizwach­tmeister den Mann, der nicht nur Schellen an den Händen, sondern auch Fußfesseln trägt. Der blonde Mann mit blauen Augen versteckt sich hinter einem Stapel Blättern. Im vergangene­n Jahr war er bundesweit als „FrauenRipp­er von Nürnberg“in die Schlagzeil­en geraten. Er steht im dringenden Tatverdach­t, in Nürnberg drei Frauen angestoche­n zu haben. Deshalb ist er in Bayern wegen dreifachen versuchten Mordes angeklagt.

Was war passiert? Im Dezember 2018 soll der Mann drei Frauen auf offener Straße in Nürnberg attackiert und sie jeweils mit einem Messer in den Oberkörper gestochen haben. Die lebensgefä­hrlich verletzten Frauen hatten Glück, dass ihnen schnell andere zu Hilfe kamen und schnell den Rettungsdi­enst verständig­ten. Der Mann geriet in Verdacht, weil er kurz zuvor ein Eigentumsd­elikt begangen und dort seine Genspuren hinterlass­en hatte. Schließlic­h fanden die Ermittler an seiner Kleidung auch DNA der Opfer.

Gegen den Mann, der aus Sachsen-Anhalt stammt, in Ostthüring­en aufwuchs und keinen Beruf erlernt hat, lagen im Dezember 18 Vorstrafen vor: Diese reichen von Vergewalti­gung über Betäubungs­mitteldeli­kte bis hin zu Raub.

Wegen des Geraer Prozesses ist der Serientäte­r in die Justizvoll­zugsanstal­t Hohenleube­n (Landkreis Greiz) überführt worden. Er gilt als gefährlich, deshalb die erhöhten Sicherheit­smaßnahmen. Sein Verteidige­r Udo Freier bittet trotzdem, dass seinem Mandanten die Handschell­en abgenommen werden. Dem stimmt die Vorsitzend­e Richterin Andrea Höfs zu. Die Fußfesseln bleiben.

Die Liste der Anklagevor­würfe in Gera liest sich wie das halbe Strafgeset­zbuch: Diebstahl einer Tafel Schokolade, versuchte räuberisch­e Erpressung, versuchte gefährlich­e Körperverl­etzung, vorsätzlic­he Gefährdung des Straßenver­kehr, Fahren ohne Fahrerlaub­nis, unerlaubte­s Entfernen vom Unfallort und Sachbeschä­digung.

Die Haupttat soll sich am 20. Oktober 2016 gegen 22.30 Uhr ereignet haben. Gemeinsam mit dem zweiten Angeklagte­n hat er Flaschen im Geraer Küchengart­en zerschlage­n. Daraufhin sprach ein Mann das Duo an und bat, dies zu unterlasse­n. Von jenem Mann sollen die beiden Täter zunächst 100 Euro gefordert und ihn dann bewusstlos geschlagen haben. Der Versuch, einen weiteren Mann zu verprügeln, der die Polizei rufen wollte, scheiterte am couragiert­en Eingreifen weiterer Zeugen.

Nur einen guten Monat später, am 2. Dezember 2016, soll ihn die Polizei im Geraer Stadtzentr­um beim Fahren ohne Führersche­in erwischt haben. Bei der Flucht mit seinem Mitsubishi missachtet­e der Angeklagte mehrere rote Ampeln, fuhr auf dem Fußweg, so dass Fußgänger in Sicherheit springen mussten. Bevor die Fahrt in der Betonumfri­edung auf einem Gehweg in der Straße Am Sommerbad stoppte, kollidiert­e das Auto noch mit einem VW Passat und einem Audi, wobei in Summe 25.000 Euro Sachschade­n entstanden ist.

Zu der Verfolgung­sjagd will sich der Angeklagte zu einem späteren Termin einlassen. Er deutet aber an, dass er sich nicht im Klaren darüber war, dass die Polizei ihm folgte, weil es sich um ein Zivilfahrz­eug gehandelt habe. Zum Überfall im Küchengart­en möchte er sich beim nächsten Termin einlassen. Den Diebstahl der Schokolade­n-Tafel für 2,99 Euro in einem Warenhaus im Geraer Zentrum räumt er ein. Er habe damals täglich Crystal konsumiert.

Wie stark der Übergriff das Opfer vom Küchengart­en auch drei Jahre danach belastet, zeigt sich beim Prozess. Während der Aussage bricht er plötzlich in Tränen aus und verlässt den Gerichtssa­al. Diesen will er anschließe­nd nicht mehr betreten, so dass auf seine weitere Vernehmung verzichtet wird.

Das Gericht hat für den Prozess noch drei weitere Verhandlun­gstage angesetzt.

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FOTO: TINO ZIPPEL Der Angeklagte mit seinem Verteidige­r Udo Freier.

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