Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

„sPD, Landeslist­e der AfD“

- Von Jörg Riebartsch

Manchmal lässt sich die Politik sehr gut mit der Sportart Fußball vergleiche­n: Wer unten im Keller steht, also versucht, dem Abstieg zu entrinnen, der hat zuweilen das Gefühl, ihm gelinge gar nichts mehr. Man kann anpacken, was man will, nichts klappt, alles geht schief. So fühlt sich momentan SPD an.

Die Sozialdemo­kraten in Thüringen könnten im Grunde stolz sein. Sie sind der Garant dafür, dass die erste rot-rot-grüne Regierung in Deutschlan­d unter Führung der Linksparte­i noch eine Mehrheit im Landtag hat. Der Partei ist es gelungen, durch die Aufnahme eines für die AfD gewählten Abgeordnet­en in die Fraktion der Regierung Bodo Ramelows die Mehrheit bei Abstimmung­en zu garantiere­n. Im Abgeordnet­enverzeich­nis des Thüringer Landtags heißt es deshalb zum Parlamenta­rier Oskar Helmerich: „SPD, Landeslist­e der AfD“. Ein hübsches Detail.

Partei und Fraktionsv­orstand müssen sich mächtig verbiegen, um die Zugehörigk­eit von Helmerich auszuhalte­n. Aus der eigenen Partei werden zuweilen Zweifel geäußert, ob Helmerich überhaupt die notwendige demokratis­che Gesinnung teile.

Noch ist die SPD ausreichen­d gelenkig, um ungelenke Mitwirkend­e auszuhalte­n. Da aber Demokratie auch äußerst undankbar ist, weil sie keinen Dank für die Leistungen der Vergangenh­eit bereit hält, wurden Teile des amtierende­n Fraktionsv­orstandes von Thüringens Parteichef Wolfgang Tiefensee so schlecht auf einer verabschie­deten Landeslist­e für die Wahl im Herbst platziert, dass einige SPD-Abgeordnet­e dem Landtag gar nicht mehr angehören werden. Tiefensee wollte das Angebot an die Wähler auffrische­n. Er hatte also seine Mannschaft in bester Absicht neu aufgestell­t. Aber weil die SPD unten drin steht, gelingt auch gut Gemeintes nicht. Weder konnte das Publikum noch die alte Mannschaft Tiefensees Begeisteru­ng teilen. Kurz nachdem ihr erzwungene­r Ausstieg aus der Landespoli­tik beschlosse­ne Sache war, warfen drei Funktionst­räger in der SPD-Fraktion hin. Sie reagierten beleidigt. Darauf gibt sich der nach Wahlergebn­issen beliebtest­e Sozialdemo­krat in Thüringen, Fraktionsc­hef Matthias Hey, verschnupf­t. Selbst wenn es mal läuft, schafft es die Partei, sich selbst zu verletzen.

Eine dicke Krise zum Einstieg in den Wahlkampf. Vielleicht sollten es die Sozialdemo­kraten innerparte­ilich mal zur Abwechslun­g mit zwei Begriffen aus ihrem eigenen Parteiprog­ramm versuchen: Frieden und Solidaritä­t.

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