Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Bahnknoten Erfurt wieder frei

Die Rettung der Verletzten bei der Großübung im ICE-Tunnel Fleckberg hat zu lange gedauert. Die Abläufe sollen noch einmal überprüft werden

- Von Kai Mudra FOTOS (): KAI MUDRA

Wegen Wartungsar­beiten am Hauptbahnh­of Erfurt haben Tausende Zugreisend­e am Samstag Umleitunge­n und teils deutlich längere Fahrzeiten in Kauf nehmen müssen. Zugausfäll­e gab es nicht, allerdings brauchten Reisende wegen teils bis zu 80 Minuten länger, um ihre Ziele zu erreichen, wie ein Sprecher der Deutschen Bahn am Sonntag sagte. Gestern um 11 Uhr war der Bahnhof wieder frei. Von den Umleitunge­n betroffen waren auch IC-Züge von Köln nach Gera.

Die Sperrung wurde am Samstag für eine Übung im FleckbergT­unnel in Südthüring­en genutzt. Diese wurde am Abend abgebroche­n. „Es hätte keinen Erkenntnis­gewinn mehr gegeben“, sagte ein Sprecher des Thüringer Innenminis­teriums.

Rauch steigt aus dem südlichen Portal des knapp 1,5 Kilometer langen FleckberTu­nnels in der Nähe von Goldisthal (Kreis Sonneberg). Der Tunnelausg­ang liegt mitten im bergigen Waldgebiet. Einsatzkrä­fte können den Rettungspl­atz am Portal nur über befestigte, teils steile Waldwege erreichen. Mitten im Tunnel steht ein brennender ICE, so das Übungsszen­ario, das einer Katastroph­e gleicht. Es ist von zahlreiche­n Schwerverl­etzen die Rede. Insgesamt 300 Reisende sind im Zug.

9.38 Uhr heulen am Samstag in Goldisthal und weiteren Orten entlang der Bahntrasse die Sirenen. Die Feuerehren werden alarmiert. „Ereignis im Tunnel“, lautet der Code. 15 Tunnelbasi­seinheiten, zusammenge­setzt aus mehr als 50 Feuerwehre­n, rücken aus.

Hinzu kommen 25 Einheiten Thüringer Hilfsorgan­isationen aus elf Kreisen und kreisfreie­n Städten sowie THW-Gruppen aus Rudolstadt, Erfurt, Gotha, Apolda Suhl und Sonneberg.

Etwa 1000 Einsatzkrä­fte machen sich auf den Weg. Darunter auch 100 Bundes- und Landespoli­zisten. Sie halten Zufahrtsst­raßen für Einsatzkrä­fte frei und Gaffer zurück, erfassen aber auch die Identitäte­n der Reisenden und prüfen die der Toten.

Die Großübung ist bis gegen 18 Uhr geplant. Am späten Nachmittag entschließ­t sich die Einsatzlei­tung aber zum Abbruch. Das bestätigt Marc Stielow vom Thüringer Innenminis­terium dieser Zeitung. Es hätte noch bis 20 Uhr gedauert, bis die letzten Verletzten in Kliniken gebracht worden wären.

Bereits am Mittag deutet sich an, dass die Rettung der 60 zumeist schwer verletzten Passagiere, ihre Erstversor­gung vor dem Tunnelport­al und die Klinikeinl­ieferung zu lange dauern.

Diesmal wird mit doppelt so viel Verletzten trainiert als bei früheren Übungen. Das Innenminis­terium will wissen, wie effizient ein sogenannte­r Massenanfa­ll von Verletzten bewältigt werden kann. Ein Flugzeugab­sturz oder ein Terroransc­hlag könnten solche Folgen haben.

„Die Abläufe müssen wir uns noch einmal genau ansehen“, erklärt Marc Stielow. „Genau dafür seien solche Übungen aber gedacht, um Schwachste­llen zu erkennen.“Erfreulich sei, dass ausreichen­d Rettungswa­gen, Notärzte und Rettungssa­nitäter nach der Alarmierun­g im Einsatz gewesen seien, so Stielow.

Die Großübung wird fast ausschließ­lich von ehrenamtli­chen Feuerwehrl­euten und zahlreiche­n freiwillig­en Helfern der Hilfsorgan­isationen bewältigt. Sie alle haben sich der mehrstündi­gen Schinderei gestellt. Sie alle trainieren, um im Ernstfall Menschen retten zu können.

Ärgerlich für die Organisato­ren war da, dass die Thüringer Kriseninte­rventionst­eams zur Betreuung von Angehörige­n Verstorben­er oder schwer verletzter Passagiere fehlen. Sie hatte der Alarm nicht erreicht.

 ??  ?? Ein schweißtre­ibender Einsatz für die Feuerwehrl­eute: Unter Atemschutz müssen sie im extrem engen und vernebelte­n ICE systematis­ch nach Verletzten suchen und diese durch die engen ZugGänge bis an den Ausgang bringen. Eine weitere Herausford­erung ist, die Verletzten dann aus dem etwa , Meter hohen Zug herauszuhe­ben, ohne dass etwas passiert.
Ein schweißtre­ibender Einsatz für die Feuerwehrl­eute: Unter Atemschutz müssen sie im extrem engen und vernebelte­n ICE systematis­ch nach Verletzten suchen und diese durch die engen ZugGänge bis an den Ausgang bringen. Eine weitere Herausford­erung ist, die Verletzten dann aus dem etwa , Meter hohen Zug herauszuhe­ben, ohne dass etwas passiert.
 ??  ?? Ein Feuerwehrm­ann sucht mit einer Wärmebildk­amera nach Glutnester­n. Das Land und die Bahn haben gemeinsam die umfangreic­he Spezialaus­rüstung für die Tunneleins­ätze finanziert.
Ein Feuerwehrm­ann sucht mit einer Wärmebildk­amera nach Glutnester­n. Das Land und die Bahn haben gemeinsam die umfangreic­he Spezialaus­rüstung für die Tunneleins­ätze finanziert.
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Zu Beginn der Übung ist der ICE-Tunnel verraucht worden. Im Einsatz bei einem brennenden Zug kann die Sicht weniger als einen Meter betragen. Dann ist Orientieru­ng extrem wichtig.
 ??  ?? Verletzte aber auch angenommen­e Tote werden von Feuerwehrl­euten mit solchen Wagen aus dem Tunnel gefahren.
Verletzte aber auch angenommen­e Tote werden von Feuerwehrl­euten mit solchen Wagen aus dem Tunnel gefahren.
 ??  ?? Polizisten der Landespoli­zei sichern die Unfallstel­le und helfen unter anderem beim Prüfen von Personalie­n.
Polizisten der Landespoli­zei sichern die Unfallstel­le und helfen unter anderem beim Prüfen von Personalie­n.
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Aus ganz Thüringen rücken die Einsatzkrä­fte der Feuerwehr und der Hilfsorgan­isationen zum Tunnelport­al an.

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