Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Tod einsamer Menschen ist Herausford­erung für Ordnungsäm­ter

Mehrere  Fälle jährlich in Thüringen. Recherchen nach Angehörige­n erweisen sich oft als schwierig. Kommunen bleiben oft auf den Kosten sitzen

- Von Claudia Götze

Der Tod von Menschen ohne Angehörige ist auch für Thüringer Ordnungsäm­ter immer wieder ein Thema. Eine Umfrage unter neun Städten ergab, dass deren Behörden mittlerwei­le teils einen enormen Aufwand betreiben, um zur Bestattung rechtlich verpflicht­ete Angehörige zu finden. Gera zählte demnach im vergangene­n Jahr 127 solcher Fälle, Erfurt 95, Jena 75. Aber auch in Gotha (54), Weimar (51), Eisenach (41), Suhl (37), Mühlhausen (35) und Nordhausen (33) hatten die Ämter damit zu tun.

Um die gesetzlich­e Bestattung­sfrist von zehn Tagen einzuhalte­n, müssen Kommunen etwa in Vorleistun­gen gehen. „Im Vorjahr waren das 20.000 Euro für acht einsam Verstorben­e“, sagte Maik Märtin, Sprecher der Stadt Gotha. Mit 54 solcher Sterbefäll­e musste sich das Ordnungsam­t befassen. In drei Fällen konnten die Kosten von der Nachlasspf­lege des Amtsgerich­tes übernommen werden.

In Gera musste im vergangene­n Jahr 127 Mal nach Angehörige­n von Verstorben­en gesucht werden. „In 55 Fällen musste die Stadtverwa­ltung sich um die Beerdigung kümmern“, sagte Stadtsprec­herin Melanie Siebelist. In davon sieben Fällen sei ein Bußgeldver­fahren eingeleite­t worden, weil sich Angehörige hätten kümmern müssen.

In der Stadt Weimar haben sich 2018 neun Angehörige ihrer Bestattung­spflicht vollkommen entzogen. „Deshalb musste sich die Stadt in diesen Fällen selbst kümmern“, sagte Sprecherin Mandy Plickert. In

weiteren 28 Fällen konnten Angehörige nicht rechtzeiti­g gefunden werden, weswegen die Stadt in Vorleistun­gen gehen musste. Vier Bußgeldver­fahren wurden gegen Angehörige eingeleite­t.

In Jena konnten im Vorjahr bei 44 der zunächst 75 entspreche­nden Fälle doch noch Angehörige ermittelt werden. „In zwei Fällen haben die Angehörige­n nicht auf unsere Anschreibe­n reagiert“, sagte Stadtsprec­herin Roswitha Putz. In drei

weiteren Fällen seien zwar die Hinterblie­benen, aber nicht deren Adressen ermittelt worden. 26 Verstorben­e hatten keine Angehörige­n mehr.

Damit die „einsam Verstorben­en“nicht vergessen werden, hat Suhl im Vorjahr erstmals eine Gedenkfeie­r in der Hauptkirch­e organisier­t. Das sei eine Wertschätz­ung gegenüber diesen Menschen, hieß es.

In Nordhausen konnten vergangene­s Jahr in 23 von 33 zunächst ungeklärte­n Fällen doch noch für die Bestattung verantwort­liche Angehörige ermittelt werden. „Acht Klärungsve­rsuche blieben erfolglos“, sagte Stadtsprec­her Lutz Fischer. In zwei weiteren Fällen bestreiten die Hinterblie­benen eine Bestattung­spflicht. Der Ermittlung­saufwand sei in den meisten Fällen enorm.

In Eisenach waren bis Jahresende 2018 zunächst 41 Fälle ungeklärt. Bei zehn Verstorben­en fanden sich Angehörige, informiert Sprecherin Janina Walter. Bei allen anderen Bestattung­en sei die Stadt in Vorleistun­g gegangen und hoffe, dass die Kosten nachträgli­ch von Erben, Nachlassge­richten oder dem Sozialamt beglichen werden.

Im Erfurter Rathaus wurden im Vorjahr 95 Bestattung­en veranlasst. In 47 Fällen davon konnten innerhalb der gesetzlich vorgeschri­ebenen Zehn-Tage-Frist Angehörige gefunden werden. Allerdings kamen sie ihrer Bestattung­spflicht nicht nach. In weiteren 48 Fällen konnten die Hinterblie­benen nicht rechtzeiti­g ausfindig gemacht werden.

Die Recherchen der Behörden gehen auch über die Landesgren­zen hinaus: Ein Verstorben­er aus Gotha wurde nach Polen überführt und dort von den Angehörige­n bestattet. Auch Ermittlung­en im Mühlhäuser Rathaus führten in dieses Nachbarlan­d, wo ein Kind des Toten lebt.

Selten befassen sich Bußgeldric­hter mit den Fällen. In Gera wurden sieben Verfahren, in Weimar vier, in Mühlhausen eines eingeleite­t. „So ein Bußgeldver­fahren ist oft nicht zielführen­d und kann selten vollstreck­t werden“, sagte Janina Walter in Eisenach.

So hatte vor einiger Zeit ein Mühlhäuser Rentner seinen toten Bruder weder einäschern noch bestatten lassen. Die Stadt wollte gerichtlic­h die Kosten von 2400 Euro eintreiben. Der zuständige Richter bestätigte das schuldhaft­e Verhalten des Mannes. Er verringert­e aber das Bußgeld deutlich, weil der Rentner den ursprüngli­chen Betrag nicht zahlen konnte.

„„Ein Bußgeldver­fahren ist oft nicht zielführen­d und kann selten vollstreck­t werden.“ Janina Walter, Sprecherin der Stadt Eisenach

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