Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Seit Jahren geht’s bei der EWU um die Wurst
U O Wurst und Spezialitäten aus Serba bei Eisenberg sind über die Landesgrenzen hinaus in vieler Munde
Bei der EWU Thüringer Wurst und Spezialitäten GmbH herrscht Hochbetrieb. Es ist Grillsaison und Zeit der Feste und Feiern in Städten und Dörfer. Da dürfen Thüringer Rostbratwürste nicht fehlen. Bis zu 1000 Tonnen dieser Thüringer Spezialität verlassen im Jahr das Werk in Serba bei Eisenberg. Rohe Rostbratwürste für den alsbaldigen Verzehr im Raum Ostthüringen. „Ab Leipzig liefern wir gebrühte Würste, die sind sechs bis sieben Tage haltbar“, erläutert Geschäftsführer Ekkehard Heilemann.
Bei der EWU geht es seit 125 Jahren im wahren Sinne des Wortes um die Wurst. Ein Anlass, der am Freitag dieser Woche mit einem Tag der offenen Tür auf dem Betriebsgelände in Serba und am Abend mit einer Festveranstaltung in der Eisenberger Stadthalle gefeiert wird. Natürlich werden auch zu dieser Gelegenheit die Thüringer Rostbratwürste aus der eigenen Produktion nicht fehlen.
Von der Geschichte des Unternehmens ist nach mehr als einem Jahrhundert lediglich das Kürzel EWU für Eisenberger Wurstunion geblieben. Gegründet wurde das Unternehmen als Thüringer Wurst- und Fleischwarenfabrik Friedrich Wilhelm Lindner am Standort Eisenberg. Es war die damals erste dampfgetriebene, industrielle Großproduktion von Wurstwaren, die am Ende des 19. Jahrhunderts mit der Industrialisierung im Raum Eisenberg und zur Versorgung der stark wachsenden Einwohnerzahl eröffnet wurde. Einen guten Ruf soll die Wurst aus Eisenberg damals schon gehabt haben. Sogar international. „Der letzte russische Zar hatte sich seine Cervelatwurst aus Eisenberg liefern lassen“, weiß der heutige Geschäftsführer aus historischen Nachforschungen.
Zur DDR-Zeit gehörte die EWU in Eisenberg dem Fleischkombinat Gera an. Nach der Wende dann die Reprivatisierung. Thüringer Wurst war weiterhin gefragt. Ein Ausbau der Produktion war am historischen Standort in Eisenberg jedoch nicht möglich. Deshalb wurde in Serba auf der Bodenplatte und den Pfeilern einer alten Brüterei ein neues Werk für die Produktion von Thüringer Wurstwaren errichtet, das im Jahr 2002 in Betrieb ging. Aber unternehmerische Fehlentscheidungen und Betrug brachten die EWU in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Für die Produktion und die Mitarbeiter ging es damals auch im übertragenen Sinne um die Wurst. Im Jahr 2008 musste Insolvenz angemeldet werden.
Es sind nicht nur die großen Namen, die die Unternehmerlandschaft in Ostthüringen prägen und ausmachen. Auch viele kleinste, kleine oder mittlere Firmen leisten Erstaunliches für die Volkswirtschaft. Manchmal sind sogar heimliche Gewinner, sogenannte Hidden Champions, darunter. Die OTZ stellt wöchentlich Betriebe und Dienstleister aus Ostthüringen vor.
Im Jahr 2009 retten neue Gesellschafter die EWU
Um das Traditionsunternehmen in Thüringen zu erhalten, übernahmen Ekkehard Heilemann, Chef von Keunecke Feinkost in Ballenstedt im Harz, und Lutz Köhler als Gesellschafter die EWU zum 1. Januar 2009. Eine tragfähige Entscheidung.
„Wir nutzen die Synergien von zwei starken Marken im Harz und in Thüringen“, sagt Heilemann. Die beiden eigenständigen Unternehmen EWU und Keunecke haben ihre Verwaltung zentralisiert und einen gemeinsamen Vertrieb ihrer jeweiligen Spezialitäten aufgebaut. Einkauf und Qualitätssicherung machen beide Unternehmen gemeinsam. Für den Handel gibt es einen gemeinsamen Ansprechpartner.
„Im Sortiment ergänzen wir uns, Konkurrenz untereinander gibt es nicht“, sagt Heilemann. „Jeder macht seine Wurst und wenn die Produkte beider Unternehmen im Ladenregal stehen, dann haben wir alles richtig gemacht.“Lediglich das Catering im Raum weit um Eisenberg und die Belieferung von Großverbrauchern managt die EWU allein.
Im Markt sind die Thüringer Wurstspezialitäten aus Serba inzwischen gut verankert. „Die neuen Bundesländer sind unser Hauptvertriebsgebiet“, erläutert der Geschäftsführer. Die Thüringer Rostbratwurst sei darüber hinaus auch in den alten Bundesländern bekannt und beliebt. Wenn die EWU alljährlich auf der Grünen Woche in Berlin ihren Stand betreibt, dann gehen stets tausende Rostbratwürste über die Theke. Und der Imbissstand vor dem Werktor in Serba mit Rostbratwürsten und Rostbräteln aus der Produktion gleich nebenan gilt als Geheimtipp bei Fernfahrern und anderen Autobahnreisenden.
Seit 2009 hat sich das Geschäft stetig nach oben entwickelt. Der Jahresumsatz ist von damals acht auf nun zwölf Millionen Euro gestiegen. Auch investiert und modernisiert wird seit Jahren. Vier neue Räucherkammern sind entstanden. Das Dach musste neu gedeckt werden. Für die Kälte- und Dampferzeugung soll eine neue Energiezentrale mit einem Blockheizkraftwerk gebaut werden. Auch der Ausbau der Produktion ist geplant mit einem neuen Hallenanbau. Das Grundstück neben dem Betriebsgelände ist dafür bereits gekauft.
Die einzige Sorge sieht Heilemann im fehlenden Fachkräftenachwuchs: „Fleischer im Schichtbetrieb ist ein schwerer Beruf, wir müssen noch intensiver auf die Suche gehen.“