Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Rechtliche Bedenken gegen Lobbyregister
Landtagsgutachten: Bei Gesetzentwürfen von Rot-rot-grün sowie CDU Eingriff ins freie Mandat
Die Gesetzentwürfe von Linke, SPD und Grünen sowie der CDU zur Verschärfung der Lobbyregeln für Landtagsabgeordnete stoßen auf erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Das geht aus einem Gutachten der Landtagsverwaltung hervor, das dieser Zeitung vorliegt. „Die in den beiden Gesetzentwürfen im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Lobbyregisters vorgesehenen umfangreichen Registrierungsund Veröffentlichungspflichten, die sich insbesondere auch auf die (wesentlichen) Inhalte einer Interessenvertretung beziehen sollen, sind in der Lage, eine Beeinträchtigung der freien Kommunur nikationsbeziehung zwischen Abgeordneten und Wahlvolk und damit des freien Mandats zu begründen. Eine mögliche Rechtfertigung des Eingriffs in dieses grundrechtsgleiche Recht wäre jedoch höchst fraglich“, heißt es darin.
Auch die in beiden Gesetzentwürfen umfassend vorgesehene Pflicht, neben dem Mandat erzielte Einkünfte anzuzeigen und zu veröffentlichen, stellt der Expertise zufolge „einen Eingriff in das freie Mandat und die im Rahmen dieser Gewährleistung mitberücksichti-gungsfähigen Grundrechte beziehungsweise Individualinteressen des Abgeordneten dar“.
Bislang müssen die Parlamentarier in Thüringen Nebeneinkünfte
pauschal und nach groben Stufen angeben.
Das Lobbyregister soll nach den Vorstellungen der vier Fraktionen transparent machen, welche Interessengruppen in welchem Umfang Einfluss auf die Erarbeitung von Gesetzen durch die Abgeordneten nehmen. Erneuter Auslöser der schon seit Langem geführten Debatte war die Affäre um Coronaschutzmasken von Cdu-bundestagsabgeordneten.
Die Liberalen hatte beide Entwürfe kritisiert und die Landtagsverwaltung um Prüfung gebeten. Das Gutachten bestätige die verfassungsrechtlichen Probleme, sagte der Fdp-abgeordnete Robert-martin Montag.
Der Schluss wird dann doch noch einmal giftig – die Attacke ist provoziert. Sandro Witt schaut Hans-georg Maaßen an: „Tut mir leid, das glaube ich nicht.“Sein Kontrahent bügelt das mit einem „Das ist doch Quatsch“ab.
Zuvor hatte Maaßen, der sich für die CDU in Südthüringen um ein Direktmandat für den Bundestag bewirbt, erklärt, dass er seinen Namen immer dann mit „SS“schreibe, wenn er in Versalien veröffentlicht werde – also aktuell vor allem auf seinem Wahlkampfmaterial. Witt, der mit Maaßen um dieses Direktmandat in Südthüringen konkurriert und für die Linke antritt, sieht in der Verwendung von „SS“statt „ß“eine bewusste Entscheidung, sortiert Maaßen öffentlich bei der „Neuen Rechten“ein.
Es sind die Reibungspunkte eines Abends, bei dem die beiden Diskutanten an vielen Stellen dichter beieinander liegen, als das viele Besucher offenbar erwartet haben. Die Analyse der Problemlagen im Land aber ist die eine Seite – bei den Lösungsansätzen unterscheiden sich Witt und Maaßen deutlich.
Beide stehen mit ihren Kandidaturen im Fokus. Maaßen, der als Verfassungsschutzchef nach seiner Hetzjagd-äußerung zu Chemnitz seinen Hut nehmen musste, gilt seinen Gegnern als der Inbegriff der Afd-nähe der Christdemokraten. In der CDU ist er manchen deutlich zu rechts, sodass bereits aus den eigenen Reihen dazu aufgerufen wurde, lieber einen anderen Kandidaten zu wählen.
Witt wiederum steht vor einem ähnlichen Problem, dass wiederum unmittelbar mit Maaßen zu tun hat. Um zu verhindern, dass eben der Exverfassungsschützer in den Bundestag einzieht, laufen seit Tagen Versuche, Witt dazu zu bewegen, zugunsten des Spd-kandidaten Frank Ullrich zurückzuziehen. Witt nutzt den Abend beim Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) für eine deutliche Klarstellung, das er an seiner Kandidatur festhält. Passend dazu veröffentlichte Landesvize Steffen Dittes wenige Stunden vorher eine Erklärung, in der er deutlich macht, dass die Partei Witt weiter unterstützt.
Am Mittwochabend rücken dann schnell die Themen in den Fokus, die bei den Unternehmerinnen und Unternehmern von besonderem Interesse sind. Der Versuch des Moderators, Klima und Corona in der Debatte auszusparen, gelingt nur teilweise – was der lebhaften Debatte allerdings gut tut.
Bei der Analyse, dass Deutschland Fachkräfte braucht, sind sich Maaßen und Witt einig.
Allerdings: Der Gewerkschafter macht klar, dass es ihm egal ist, wo diese Fachkräfte herkommen. „Ich will wissen, wo derjenige mit mir hin will.“
Maaßen hingegen wiederholt, was er schon früher sagte; das die massenhafte Anwerbung von Fachkräften aus seiner Sicht nicht die Probleme auf dem Arbeitsmarkt löst. Stattdessen müsse man der Überakademisierung entgegentreten. „Man könnte am Abitur schrauben, sodass nicht mehr jeder, der das Abitur abgelegt hat, auch ein Studium beginnen kann.“Zwei Stunden geht das in diesem Duktus; es wird über die Rente diskutiert, das Verhältnis zu Russland – Maaßen wirbt für ein „freundschaftliches Verhältnis“zu Russland –, strategisches Handeln in der Politik, Bürgerentscheide und viele weitere Themen. Am Ende stehen sich zwei Kontrahenten gegenüber, die in ihren Positionen unterschiedlicher nicht seien könnten, aber den Austausch fair und respektvoll organisiert haben. Von einer Zuspitzung auf ein CDU-SPD-DUELL – oder Exverfassungsschutzchef gegen Ddrsportikone –, wie sie ein E-mail-versandverein vor einigen Wochen für Südthüringen heraufbeschwören wollte, ist dieser Abend sehr weit entfernt.