Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Betrugsprozess um Vwdiesel gestartet
Vorwürfe gegen Ex-konzernchef Winterkorn
Die eigentliche Hauptperson fehlte – aber auch ohne den früheren Vwkonzernchef Martin Winterkorn ist der große Diesel-betrugsprozess angelaufen. Nach jahrelangen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und zwei Corona-verschiebungen eröffnete das Landgericht Braunschweig am Donnerstag die Hauptverhandlung gegen zunächst vier weitere Ex-führungskräfte des Wolfsburger Autobauers. Es wird eine lange Auseinandersetzung werden: 133 Verhandlungstage bis in den Sommer 2023 sind geplant.
Zum Auftakt trugen die Strafverfolger eine mit deutlichen Vorwürfen gespickte Anklage vor. Demnach sollen die Ingenieure und Manager tief in die Entwicklung und den Einsatz der Manipulationssoftware in Millionen Fahrzeugen verstrickt gewesen sein. Doch auch in Richtung Winterkorn wurden schon Anschuldigungen formuliert, obwohl dessen Prozessteil wegen gesundheitlicher Probleme vertagt war.
Oberstaatsanwältin Elke Hoppenworth ist überzeugt, dass auch der damalige oberste Chef eine wesentliche Verantwortung trägt. Den Ermittlungen zufolge soll Winterkorn spätestens im Mai 2014 vom Einsatz einer illegalen Software in den USA gewusst haben: „Er stoppte bewusst pflichtwidrig die weitere Vermarktung nicht. Die Angeklagten wollten damit dem Unternehmen möglichst hohe Gewinne verschaffen.“
Denn der Einbau besserer Abgastechnik, der eine Einhaltung der scharfen Us-emissionsregeln auch ohne schmutzige Tricks erlaubt hätte, wäre wahrscheinlich deutlich teurer gewesen.
Aussage steht gegen Aussage. Ingenieure, die die Abschalteinrichtung vorgeschlagen haben sollen, sagen sinngemäß: Wir haben Bedenken geäußert und vor Konsequenzen gewarnt. Die Vorgesetzten entgegnen: Es wurde über Probleme gesprochen, nie aber über ungesetzliches Handeln.
Wann Winterkorn in Braunschweig dazukommt, ist offen. Ein Verteidiger mahnte, man dürfe nicht nur seinen Mandanten zur Rechenschaft ziehen, und kritisierte die Prozessabtrennung gegen den einst bestbezahlten deutschen Konzernlenker wegen einer Hüft-op scharf: „Sich der Verantwortung für das eigene Handeln zu stellen, sieht anders aus.“