Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Scheitert der nächste Einsatz?
In Mali arbeitet die Regierung anscheinend mit einer russischen Söldnergruppe zusammen – Kramp-karrenbauer droht mit Konsequenzen
Wird Mali für die Bundeswehr zu einem zweiten Afghanistan? Ein Tweet von Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-karrenbauer (CDU) vom Mittwochnachmittag schlug auch noch einen Tag später heftige Wellen. „Sollte sich die Zusammenarbeit von Mali mit russischen Söldnergruppen bestätigen, stellt das die Grundlagen des Mandats der Bundeswehr (…) infrage. Gemeinsam mit dem Bundestag müssten wir Konsequenzen ziehen“, schrieb die Ministerin. Auch die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl (SPD), mahnte für diesen Fall eine kritische Überprüfung an: „Sollte es dazu kommen, müssen wir mit den internationalen Partnern und im Verteidigungsausschuss über mögliche Konsequenzen sprechen“, sagte Högl unserer Redaktion. Derzeit sind zwischen 900 und 1000 Bundeswehrsoldaten in Mali stationiert.
Auslöser waren Berichte über Gespräche zwischen Malis Militärjunta und der russischen Söldnergruppe Wagner. Laut französischen Regierungskreisen geht es dabei um die Entsendung von rund 1000 russischen Paramilitärs, die malische Soldaten ausbilden sollen.
Noch heftiger als in Berlin fielen die Reaktionen in Paris aus. Eine Kooperation des malischen Militärs mit russischen Söldnern sei „absolut unvereinbar mit unserer Präsenz“, wetterte der französische Außenminister Jean-yves Le Drian. Frankreich trägt derzeit mit rund 5100 Soldaten im Anti-terror-einsatz „Barkhane“in Mali und vier weiteren Ländern der Sahelzone die Hauptlast der internationalen Militärmission.
Die Armee Wagner ist nicht offiziell dem Kreml oder der Regierung unterstellt, aber es gibt Querverbindungen. Es handelt sich um ein privates Sicherheitsunternehmen, das Jewgeni Prigoschin, einem Intimus von Russlands Präsidenten Wladimir Putin, gehören soll. Offenkundig gibt es intensive Kontakte zum russischen Militärgeheimdienst GRU. Ihre Anfänge nahm die Organisation im Ukraine-konflikt 2014, eine wichtige Rolle spielte sie danach im Syrien-krieg, wo allein 2500 Wagner-kämpfer die Regierungstruppen von Diktator Baschar al-assad unterstützten. Auch in Libyen und in der Zentralafrikanischen Republik sind die russischen Söldner aktiv. „Die Wagnertruppen sind in der Zentralafrikanischen Republik stationiert, um die Länder in der Sahelzone zu destabilisieren und den europäischen Einsatz in der Sahelzone zu untergraben“, sagte der stellvertretende Fdp-fraktionsvorsitzende Alexander Graf Lambsdorff unserer Redaktion. Den Mali-tweet von Kramp-karrenbauer kritisierte er mit den Worten: „Die Ministerin lässt sich vom Kreml instrumentalisieren.“
Die malischen Behörden räumten ein, dass Gespräche mit der Armee Wagner geführt würden. Es sei aber „noch nichts unterschrieben“. Kremlsprecher Dmitri Peskow kommentierte die Medienberichte so: „Es gibt dort keine Vertreter der russischen Armee.“Russland stehe aber in Kontakt mit afrikanischen Ländern, auch übers Militär.
Die Bundeswehr beteiligt sich gleich an zwei Einsätzen in Mali. Die größere und gefährlichere Mission ist der seit acht Jahren laufende Un-blauhelmeinsatz (Minusma) zur Stabilisierung des Landes. Von den aktuell 13.000 Soldatinnen und Soldaten stellt die Bundeswehr zurzeit rund 900. Diese kümmern sich um Aufklärung, Beratung und Führungsaufgaben.
Die politische Situation in Mali ist seit 2012 von zunehmender Instabilität geprägt. Die meist islamistisch motivierte Gewalt hat in den letzten Jahren auch die benachbarten Länder in der Sahelzone erreicht. Es handelt sich inzwischen um die gefährlichste Mission der Bundeswehr überhaupt. Erst im Juni wurden zwölf Bundeswehr-soldaten bei einem Sprengstoffanschlag eines islamistischen Selbstmordattentäters verletzt.
Parallel hat die Europäische Union 2013 eine Ausbildungsmission (EUTM) zum Training der malischen Regierungstruppen gestartet, deren Leitung die Bundeswehr im Juli übernommen hat. 110 deutsche Soldaten sind dafür eingesetzt. Noch befindet sich der Schwerpunkt nahe der Hauptstadt Bamako, doch ein neues Trainingszentrum ist im gefährlicheren Norden geplant.
In Berlin kommt man zu einem gemischten Ergebnis. „Nach den Erfahrungen mit dem Abzug aus Afghanistan müssen wir noch einmal über Sinn und Zweck der Mali-mission reden. Wir müssen die Frage beantworten, ob das Ziel, in dem Land unter anderem für Stabilität zu sorgen, noch realistisch ist“, betonte die Wehrbeauftragte Eva Högl. Dagegen zieht Fdp-fraktionsvize Graf Lambsdorff eine positive Bilanz: „Das Hauptziel des Bundeswehreinsatzes in Mali ist die Verhinderung der Planung terroristischer Anschläge auf europäisches Gebiet. Dieses realistische Ziel ist bisher erreicht worden.“
Ein völliger Rückzug der Franzosen aus Westafrika scheint nicht anzustehen. Präsident Emmanuel Macron verkündete einen wichtigen Schlag gegen den Sahara-ableger der Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“(ISGS). Dessen Anführer Adnan Abu Walid al-sahrawi sei nach einem Drohnenangriff im Osten Malis seinen Verletzungen erlegen. „Dies ist ein weiterer großer Erfolg in unserem Kampf gegen terroristische Gruppen in der Sahelzone“, schrieb Macron auf Twitter.
„Nach den Erfahrungen mit Afghanistan müssen wir über Sinn und Zweck der Malimission reden.“Eva Högl (SPD), Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages