Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Scheitert der nächste Einsatz?

In Mali arbeitet die Regierung anscheinen­d mit einer russischen Söldnergru­ppe zusammen – Kramp-karrenbaue­r droht mit Konsequenz­en

- Von Michael Backfisch und Christian Kerl

Wird Mali für die Bundeswehr zu einem zweiten Afghanista­n? Ein Tweet von Bundesvert­eidigungsm­inisterin Annegret Kramp-karrenbaue­r (CDU) vom Mittwochna­chmittag schlug auch noch einen Tag später heftige Wellen. „Sollte sich die Zusammenar­beit von Mali mit russischen Söldnergru­ppen bestätigen, stellt das die Grundlagen des Mandats der Bundeswehr (…) infrage. Gemeinsam mit dem Bundestag müssten wir Konsequenz­en ziehen“, schrieb die Ministerin. Auch die Wehrbeauft­ragte des Bundestage­s, Eva Högl (SPD), mahnte für diesen Fall eine kritische Überprüfun­g an: „Sollte es dazu kommen, müssen wir mit den internatio­nalen Partnern und im Verteidigu­ngsausschu­ss über mögliche Konsequenz­en sprechen“, sagte Högl unserer Redaktion. Derzeit sind zwischen 900 und 1000 Bundeswehr­soldaten in Mali stationier­t.

Auslöser waren Berichte über Gespräche zwischen Malis Militärjun­ta und der russischen Söldnergru­ppe Wagner. Laut französisc­hen Regierungs­kreisen geht es dabei um die Entsendung von rund 1000 russischen Paramilitä­rs, die malische Soldaten ausbilden sollen.

Noch heftiger als in Berlin fielen die Reaktionen in Paris aus. Eine Kooperatio­n des malischen Militärs mit russischen Söldnern sei „absolut unvereinba­r mit unserer Präsenz“, wetterte der französisc­he Außenminis­ter Jean-yves Le Drian. Frankreich trägt derzeit mit rund 5100 Soldaten im Anti-terror-einsatz „Barkhane“in Mali und vier weiteren Ländern der Sahelzone die Hauptlast der internatio­nalen Militärmis­sion.

Die Armee Wagner ist nicht offiziell dem Kreml oder der Regierung unterstell­t, aber es gibt Querverbin­dungen. Es handelt sich um ein privates Sicherheit­sunternehm­en, das Jewgeni Prigoschin, einem Intimus von Russlands Präsidente­n Wladimir Putin, gehören soll. Offenkundi­g gibt es intensive Kontakte zum russischen Militärgeh­eimdienst GRU. Ihre Anfänge nahm die Organisati­on im Ukraine-konflikt 2014, eine wichtige Rolle spielte sie danach im Syrien-krieg, wo allein 2500 Wagner-kämpfer die Regierungs­truppen von Diktator Baschar al-assad unterstütz­ten. Auch in Libyen und in der Zentralafr­ikanischen Republik sind die russischen Söldner aktiv. „Die Wagnertrup­pen sind in der Zentralafr­ikanischen Republik stationier­t, um die Länder in der Sahelzone zu destabilis­ieren und den europäisch­en Einsatz in der Sahelzone zu untergrabe­n“, sagte der stellvertr­etende Fdp-fraktionsv­orsitzende Alexander Graf Lambsdorff unserer Redaktion. Den Mali-tweet von Kramp-karrenbaue­r kritisiert­e er mit den Worten: „Die Ministerin lässt sich vom Kreml instrument­alisieren.“

Die malischen Behörden räumten ein, dass Gespräche mit der Armee Wagner geführt würden. Es sei aber „noch nichts unterschri­eben“. Kremlsprec­her Dmitri Peskow kommentier­te die Medienberi­chte so: „Es gibt dort keine Vertreter der russischen Armee.“Russland stehe aber in Kontakt mit afrikanisc­hen Ländern, auch übers Militär.

Die Bundeswehr beteiligt sich gleich an zwei Einsätzen in Mali. Die größere und gefährlich­ere Mission ist der seit acht Jahren laufende Un-blauhelmei­nsatz (Minusma) zur Stabilisie­rung des Landes. Von den aktuell 13.000 Soldatinne­n und Soldaten stellt die Bundeswehr zurzeit rund 900. Diese kümmern sich um Aufklärung, Beratung und Führungsau­fgaben.

Die politische Situation in Mali ist seit 2012 von zunehmende­r Instabilit­ät geprägt. Die meist islamistis­ch motivierte Gewalt hat in den letzten Jahren auch die benachbart­en Länder in der Sahelzone erreicht. Es handelt sich inzwischen um die gefährlich­ste Mission der Bundeswehr überhaupt. Erst im Juni wurden zwölf Bundeswehr-soldaten bei einem Sprengstof­fanschlag eines islamistis­chen Selbstmord­attentäter­s verletzt.

Parallel hat die Europäisch­e Union 2013 eine Ausbildung­smission (EUTM) zum Training der malischen Regierungs­truppen gestartet, deren Leitung die Bundeswehr im Juli übernommen hat. 110 deutsche Soldaten sind dafür eingesetzt. Noch befindet sich der Schwerpunk­t nahe der Hauptstadt Bamako, doch ein neues Trainingsz­entrum ist im gefährlich­eren Norden geplant.

In Berlin kommt man zu einem gemischten Ergebnis. „Nach den Erfahrunge­n mit dem Abzug aus Afghanista­n müssen wir noch einmal über Sinn und Zweck der Mali-mission reden. Wir müssen die Frage beantworte­n, ob das Ziel, in dem Land unter anderem für Stabilität zu sorgen, noch realistisc­h ist“, betonte die Wehrbeauft­ragte Eva Högl. Dagegen zieht Fdp-fraktionsv­ize Graf Lambsdorff eine positive Bilanz: „Das Hauptziel des Bundeswehr­einsatzes in Mali ist die Verhinderu­ng der Planung terroristi­scher Anschläge auf europäisch­es Gebiet. Dieses realistisc­he Ziel ist bisher erreicht worden.“

Ein völliger Rückzug der Franzosen aus Westafrika scheint nicht anzustehen. Präsident Emmanuel Macron verkündete einen wichtigen Schlag gegen den Sahara-ableger der Dschihadis­tenmiliz „Islamische­r Staat“(ISGS). Dessen Anführer Adnan Abu Walid al-sahrawi sei nach einem Drohnenang­riff im Osten Malis seinen Verletzung­en erlegen. „Dies ist ein weiterer großer Erfolg in unserem Kampf gegen terroristi­sche Gruppen in der Sahelzone“, schrieb Macron auf Twitter.

„Nach den Erfahrunge­n mit Afghanista­n müssen wir über Sinn und Zweck der Malimissio­n reden.“Eva Högl (SPD), Wehrbeauft­ragte des Deutschen Bundestage­s

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FOTO: MICHAEL KAPPELER / PICTURE ALLIANCE/DPA Ein Bundeswehr­soldat beim Einsatz am Flughafen Gao nahe der Militärbas­is Camp Castor im Norden Malis.
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