Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Digitalisierungsschub durch Zwangspause
Thüringer Museumsverband zieht Bilanz für das Jahr 2020. Verleihung der Lindenau-medaille an Lutz Unbehaun
Die Corona-pandemie hat die Besuchszahlen der Thüringer Museen zwar deutlich reduziert, dennoch verzeichneten die Einrichtungen trotz monatelanger Schließzeiten und ausgefallener Veranstaltungen mehr als 1,9 Millionen Besuche im Jahr 2020, wie die Erhebung des Museumsverbandes Thüringen (MVT) ergab. In den Jahren zuvor hatten die Besuchszahlen stets zwischen 3,5 und 4,2 Millionen mit allgemeinen Aufwärtstrend gelegen. Die Lockdowns seit März 2020 haben diesen aber beendet. Dennoch sind die Zahlen für das Jahr 2020 höher als erwartet ausgefallen, hieß es am Donnerstag zur Jahrespressekonferenz in Mühlhausen.
Mit 397.714 Besuchern im Jahr 2020 war die Klassik Stiftung Weimar die am häufigsten besuchte Einrichtung, gefolgt von den Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-dora mit 280.000 Gästen und der Wartburg mit insgesamt 149.574 Besuchern.
Nach mehreren Monaten pandemiebedingter Schließzeit sind die Thüringer Museen digital besser aufgestellt als je zuvor. Sie arbeiten inzwischen ganz selbstverständlich mit Digitalisaten ihrer Objekte, um diese noch besser dokumentieren, erforschen und ihren Besuchern zugänglich machen können. Zu dieser Entwicklung hat der MVT gemeinsam mit seinen Partnern und Unterstützern viel beigetragen.
In den kommenden Jahren wird der Verband der Digitalisierung noch mehr Aufmerksamkeit schenken und dabei die Ungleichheiten zwischen den Thüringer Museen thematisieren. „Die großen Thüringer Museen verfügen über Personal und Finanzmittel, um die Digitalisierung anzugehen. Die kleinen aber häufig nicht. Deshalb wollen wir gerade die kleineren Museen dabei unterstützen, neue digitale Ideen umzusetzen“, so Verbandsvizepräsident Roland Krischke.
Die konkreten Pläne verkündete der Verband während einer Pressekonferenz
im Rahmen seines jährlichen Verbandstages. Im Zentrum steht die Idee, Synergien zwischen den Museen und den Akteuren in Thüringen zu schaffen. Dazu beitragen soll vor allem der vom Museumsverband neu gegründete Digitalbeirat, bestehend aus Mitgliedern des Vorstandes und Mitarbeiterinnen der Geschäftsstelle des Museumsverbandes sowie aus je einem
Fachvertreter des Lindenau-museums Altenburg, der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha, der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten sowie der Klassik Stiftung Weimar.
Daneben wird der Museumsverband im Zuge seiner Digitalisierungsinitiative die Kooperation mit der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (THULB) weiter ausbauen. Mit dem inzwischen an der THULB angesiedelten Digitalisierungsteam hat der Museumsverband in den letzten Jahren die Thüringer Museen bei der Digitalisierung von fast 300.000 Museumsobjekten unterstützt.
Neben der Digitalisierung werden die Provenienzforschungen und die damit verbundene Aufarbeitung historischen Unrechts in den nächsten Jahren ein wichtiges Arbeitsfeld des Museumsverbandes darstellen. Um seine Mitglieder dabei zu unterstützen, hat der Museumsverband mit Unterstützung der Thüringer Staatskanzlei eine Koordinierungsstelle für Provenienzforschung eingerichtet. Gerade kleinere Einrichtungen haben im Alltag oft nur wenig Zeit für Inventarisierung, Entsammlungs- oder Provenienzforschungsprojekte, wie eine Studie des MVT gezeigt hat.
Und die Situation dürfte sich weiter verschärfen. Denn trotz der weitgehend problemlosen Wiederöffnung der Museen im Mai 2021 wird sich die Pandemie weiterhin auf die Thüringer Museen auswirken, vor allem finanziell. Bislang musste zwar kein Museum dauerhaft schließen, es ist aber wahrscheinlich, dass zur Stabilisierung der Haushalte die Museumsbudgets als sogenannte freiwillige Leistungen gekürzt werden.
Im Rahmen des jährlichen Verbandstages des MVT, dem wichtigsten Treffen der Thüringer Museumsszene, wurde am Donnerstag auch die Bernhard-von-lindenau-medaille verliehen. Die Auszeichnung ging in diesem Jahr an Lutz Unbehaun, langjähriger Direktor des Thüringer Landesmuseums Heidecksburg in Rudolstadt. Mit der Medaille würdigt der Museumsverband Personen, die außerordentliche Leistungen für das Thüringer Museumswesen erbracht haben.