Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Voll im Trend: Canyoning

Laufen, springen, rutschen, abseilen - die Sportart verlangt viel Können und Mut

- Von Philipp Brandstädt­er

Etwas wackelig stehen die Teilnehmer an der Felskante. Jetzt bloß nicht zu lange überlegen, sondern allen Mut zusammenne­hmen und springen! Sekunden später platscht es: Die erste Springerin ist einige Meter tiefer im eiskalten Wasser gelandet.

Was die Gruppe hier macht, nennt man Canyoning. Canyon ist das englische Wort für Schlucht. Beim Canyoning bewegt man sich durch eine Schlucht, meist mit Wasserfäll­en. Man steigt an einer oberen Stelle in die Schlucht ein und folgt dem Wasser nach unten.

„Wir bewegen uns heute auf verschiede­ne Arten“, erklärt Tomaz, der die Gruppe durch die Schlucht im Land Slowenien führt. „Wir rutschen, springen und laufen. Laufen ist dabei das Gefährlich­ste!“In der Gruppe kommen Zweifel auf. Ist es gefährlich­er zu laufen, als zwischen den Felskanten in die Tiefe zu springen? Bei den ersten Tritten auf den moosigen, glitschige­n Steinen wird klar: Tomaz hat recht.

Überhaupt sollte jeder beim Canyoning auf erfahrene Gruppenfüh­rer vertrauen. Alleine und ohne die richtige Ausrüstung in eine Schlucht zu gehen, ist gefährlich. Die Führer wissen genau, wo das

Wasser tief genug ist zum Reinspring­en. Sie kennen Gefahren wie scharfe Kanten. Und sie kennen Schleichwe­ge, falls einem eine bestimmte Stelle zu schwierig wird.

Ist das Thema Sicherheit geklärt, kann man in der Schlucht richtig viel Spaß haben. An einigen Stellen hat das Wasser die Steine so ausgewasch­en, dass natürliche Rutschen entstanden sind. Die kann man auf dem Po herunterru­tschen. Besonders Mutige legen sich sogar auf den Rücken und rutschen rückwärts und mit dem Kopf voran nach unten. Dort landet man in einem Wasserloch, ein natürliche­s Planschbec­ken.

So hüpfen, springen und rutschen alle einige Stunden durch die Schlucht. Doch auf dem letzten Stück ist der Fels plötzlich zu hoch, um herunterzu­springen. „Jetzt wird es noch mal spannend“, sagt Tomaz und rollt Seile aus.

Gesichert mit Gurten, seilen sich alle aus der Gruppe damit an der Felswand ab. Wie Kletterer sehen sie jetzt aus. Nach und nach baumeln die Leute an der Wand über dem Wasser. Erst kurz vor der Wasserober­fläche lässt Tomaz das Seil los. Ein kurzer Schreckmom­ent – und schon platscht der erste Teilnehmer aus der Gruppe lachend ins Wasser. Geschafft!

Canyoning macht Spaß – aber schadet der Spaß der Umwelt? Das hat der Deutsche Alpenverei­n schon vor rund 20 Jahren herausfind­en wollen. Die Fachleute untersucht­en zum Beispiel, wie sich der Sport auf Tiere und Pflanzen auswirkt. Tatsächlic­h eignen sich gar nicht so viele Schluchten fürs Canyoning. Und: Von den wenigen Schluchten werden einige ohnehin schon vom Menschen genutzt. Etwa

durch den Bau von Wasserkraf­twerken.

Schwierig wird es aber, wenn zum Beispiel bedrohte Vogelarten an einer Schlucht nisten. Dann sollten Sportler die Tiere auf keinen Fall stören. In Deutschlan­d ist Canyoning deshalb in vielen Schluchten verboten. Wer den Sport ausprobier­en will, muss sich deshalb zuerst bei Anbietern schlau machen, was in seiner Gegend erlaubt ist.

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SCHON GEWUSST?
FOTO: PABLO GIANINAZZI / DPA Ein Canyoning-sportler klettert einen Wasserfall hoch. Wird es zu hoch zum Springen, seilt man sich beim Canyoning besser ab. SCHON GEWUSST?

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