Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
30. Greizer Theaterherbst
700 Seiten in 90 Minuten. Was das Salzburger Theater „Tatu“, in persona Andreas Simma und Yorgos Pervolarakis, mit dem Gastspiel „Idioten“am Donnerstag beim 30. Greizer Theaterherbst in der Vogtlandhalle auf die Bühne zauberte, war nicht nur eine rasante Hatz durch Fjodor Dostojewskis an Umfang und Inhalt reichem Roman „Der Idiot“, sondern zugleich auch eine atemberaubende Darstellungskunst. Das Greizer Publikum dankte es mit minutenlangem Applaus und Bravo-rufen.
Im Strudel der Verzweiflung
Der junge Fürst Myschkin kehrt nach mehrjährigem Aufenthalt in einem Schweizer Sanatorium, mehr oder weniger von seiner Epilepsie geheilt, nach Russland zurück – und gerät in einer Welt der Schönen und Reichen in einen Strudel aus Intrigen, Gerüchten, Verzweiflung, Geld, Macht und Gier sowie der Liebe zu der schillernden Nastasja Philippowna.
Myschkin ist der Naive, der allen alles recht machen will, der Zuverlässige, Freundliche und dadurch eben auch der tragische Held in einer Schlangengrube. Er ist der Don Quichote, der beharrlich an das Gute glaubt und letztlich daran zugrunde geht.
Auch wenn der Roman gut 150 Jahre auf dem Buchdeckel hat, die Parallelen zum Hier und Heute sind gegeben. Denn Myschkins Umfeld spiegelt auf erstaunlich reale Weise die gegenwärtige Gesellschaft mit ihren Fake News, Populisten und Desinteressierten wider.
Inmitten eines von einem großen Teppich und einer Leinwand, auf der unter anderem Nastasjas sprechender Mund eingespielt wird, geprägten Bühnenbilds mimt Andreas Simma nahezu alle Rollen selbst. Er springt von einer zur nächsten Figur, als wäre es ein Kinderspiel, gefühlt unzählige Charaktere auf einmal zu verkörpern. Er nutzt Objekte und Puppen, und er baut als ehemaliges Mitglied des Théâtre du Soleil unter der berühmten Ariane Mnouchkine meisterhaft Elemente des Clownstheaters und der Commedia dell’arte in sein grandioses, an Mimik und Gestik reiches Spiel ein.
Simmas Körperlichkeit und Bühnenpräsenz verschlagen einem den Atem und ziehen den Zuschauenden unerbittlich und unentrinnbar in die tragikomische Handlung hinein. In einem Satz: Simmas Leistung in „Idioten“ist der Mount Everest der Schauspielkunst. Getragen wird die Inszenierung aber nicht minder von der wundervollen Musik des griechischstämmigen Gitarristen Yorgos Pervolarakis. Er erweist sich als Zauberkünstler auf seinem Instrument, mit dem er den musikalischen Teppich für das Stück webt. Mit seiner Gitarre, Electronics und einer Ukulele kreiert er zum einen die Geräuschkulisse und baut zum anderen melancholisch stimmungsvolle Songs in und zwischen die Szenen. Dass er
Am Samstag, 18. September, startet, nachdem 17 Uhr die Schauspielwerkstatt im Goethepark nochmals ihre Inszenierung „Der kleine Prinz“zeigt, um 20 Uhr in der Alten Papierfabrik die „Greiznacht“mit Überraschungsauftritten.
Der Goethepark wird am Sonntag, 19. September, ab 19 Uhr zum Ort der Kettenreaktion. Unter dem Titel steht eine interdisziplinäre Kunstaktion des Theaterherbstes, die ihren Ursprung in den Wochen des ersten Corona-lockdowns im April 2020 hatte. Im Laufe der Zeit kamen, inspiriert von den viralen Kettenreaktionen und mit Beteiligungen aus ganz Deutschland eine Vielzahl von Reaktionsketten zustande: Film, Foto, Roman, Drama, Bild, Wort, Kettengedicht, Zeitzeichen, Haiku und Kachel. Die neuesten und besten Ergebnisse werden als Haikuletten vorgetragen, als Bild- und Filmshow präsentiert und mit einer Quizshow beschlossen.
Am Montag, 20 September, haben um 17 Uhr die jüngsten Mitwirkenden des Theaterherbstes ihren zweiten Auftritt mit ihrem Stück „Happy go lucky“.