Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Corona: Land plant 2G-option

Wissenscha­ftlicher Beirat fordert großzügige Ausnahmen für Kinder und Jugendlich­e

- Von Martin Debes

Als Prävention­smaßnahme gegen das Coronaviru­s können künftig in Thüringen grundsätzl­ich nur noch Genesene, Geimpfte oder Getestete (3G) zu Veranstalt­ungen zugelassen werden. Dies betrifft Ausstellun­gen, Messen, Diskotheke­n oder sonstige Tanzclubs – aber nicht Restaurant­s. Darüber hinaus sollen Veranstalt­er die Option haben, den Zugang auf „nachweisli­ch geimpfte und genesene asymptomat­ische Personen“(2G) zu beschränke­n. So sieht es ein Entwurf für die Sitzung des Landeskabi­netts an diesem Dienstag vor. Die Regelung soll ab Oktober gelten und muss nach den Regierungs­beratungen noch im Landtag debattiert werden.

Für Veranstalt­ungen mit 2G und 3G fielen Mindestabs­tands- und Maskenpfli­cht weg. Sie müssten bis zu einer Teilnehmer­zahl von 5000 Menschen im Freien und 1500 Menschen in geschlosse­nen Räumen auch nicht mehr amtlich angemeldet werden. Zudem wären Kinder bis 6 Jahren von den Pflichttes­ts freigestel­lt; bei Schülern unter 18 reichte ein Nachweis, dass sie an den Testungen in den Schulen teilgenomm­en haben. Darauf drängt intern vor allem Sozialmini­sterin Heike Werner (Linke). Menschen, die sich aus medizinisc­hen Gründen nicht impfen lassen können, wären ebenso mit Test einzulasse­n.

In einem aktuellen Positionsp­apier, das dieser Zeitung vorliegt, fordert auch der Wissenscha­ftliche Beirat die rasche Einführung des 2G-optionsmod­ells. Allerdings sei es auf Gastronomi­e, Tourismus und

Kultureinr­ichtungen auszuweite­n. Der Staat müsse möglichst viel Freiheit ermögliche­n und gleichzeit­ig einen „Impfanreiz“setzen.

Darüber hinaus sprechen sich die Wissenscha­ftler dafür aus, allen Kindern und Jugendlich­en unter 18 Jahren freien Zugang zu ermögliche­n. Sie seien in der Pandemie bereits großen Einschränk­ungen ausgesetzt worden, heißt es in dem Papier. Zudem erkrankten sie nur sehr selten an Covid-19 und trügen somit kaum zur Überlastun­g des Gesundheit­ssystems bei.

Hamburg hat sie, Sachsenanh­alt auch, die meisten anderen Länder planen sie: die 2G-option. Sie bedeutet, dass nur noch Menschen zu Veranstalt­ungen oder in Kneipen gelassen werden, die vollständi­g gegen das Corona-virus geimpft oder von Covid-19 genesen sind. Parallel dazu gibt es zumeist die Möglichkei­t für 3G. Hier wird zusätzlich zu Geimpften und Genesenen auch negativ Getesteten Zugang gewährt.

Und Thüringen? Bereits vor einer Woche wurde in der Landesregi­erung ein Paragraf herumgerei­cht, mit der die Corona-verordnung ergänzt werden soll. Er sah 2G ausschließ­lich als Möglichkei­t für Diskotheke­n und Clubs vor. Doch dann vertagte das Kabinett das Thema auf diesen Dienstag.

Der neue Entwurf sieht nun eine 2G-option für „die Durchführu­ng von Veranstalt­ungen“vor, einschließ­lich Ausstellun­gen, Messen, sowie Spezial- und Jahrmärkte­n […] und den Betrieb von Diskotheke­n, Tanzklubs und sonstigen Tanzlustba­rkeiten“. Im Unterschie­d zu anderen Ländern ist die Gastronomi­e nicht dabei, auch weil sich die Branchenve­rbände dagegen wehren.

„Vom Grundsatz her sind wir ja gar nicht dagegen“, sagt Dirk Ellinger, der Hauptgesch­äftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverbands

(Dehoga) in Thüringen. 2G sei immer noch besser, als geschlosse­n zu werden. „Aber die Voraussetz­ungen müssen stimmen.“Die Regelungen sollten eineindeut­ig und vor allem praktikabe­l sein, „die aktuellen Verfügunge­n kann oft kein Mensch umsetzen“. Außerdem brauche die Branche mehrere Wochen Vorlauf. „Es muss klar sein, wie es funktionie­rt“, sagt Ellinger. Am Ende seien es die Wirte, die sich mit den Gästen herumstrit­ten.

Aber auch ohne die Gaststätte­n ist die geplante Regelung komplizier­t genug. Danach haben die Veranstalt­er die Wahl zwischen zwei Varianten. Die „Beschränku­ng des Zugangs auf nachweisli­ch geimpfte und genesene asymptomat­ische

Personen (2G) oder zusätzlich zur Ziffer 1 [die] Erweiterun­g des Zugangs auf asymptomat­ische Personen, die den Nachweis eines negativen Pcr-tests oder eines Tests mit einem alternativ­en Nukleinsäu­reamplifik­ationsverf­ahren vorlegen können. Der PCR-TEST darf nicht länger als 48 Stunden zurücklieg­en, der alternativ­e Test 24 Stunden. (3G+).“

Dass mit PCR-TEST eine laborgeprü­fte, und damit genauere Testung gemeint ist, dürfte nach einem und einem halben Jahr Pandemie den meisten klar sein. Aber ein „Nukleinsäu­re-amplifikat­ionsverfah­ren“? Gemeint sind offenkundi­g Tests, die per Abstrich das Virus direkt nachweisen und nicht -- wie die Mehrzahl

der üblichen Schnelltes­ts – indirekt auf Antikörper oder Eiweißbaus­teine reagieren.

Ähnlich komplex gestaltet sind auch die Ausnahmere­gelungen. Dass „Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahr­es sowie noch nicht eingeschul­te Kinder“Geimpften und Genesenen „gleichgest­ellt“werden, ist einfach zu verstehen. Danach wird es aber schwierige­r: „Für Kinder und Jugendlich­e bis zur Vollendung des 17. Lebensjahr­es kann der Zutritt auch nach Vorlage eines tagesaktue­llen Antigensch­nelltests oder des Nachweises […] über die Teilnahme an regelmäßig­en Testungen im Rahmen eines verbindlic­hen Testkonzep­ts an Schulen gestattet werden.“

Und schließlic­h: „Personen, die aufgrund einer medizinisc­hen Kontraindi­kation nicht gegen das Coronaviru­s Sars-cov 2 geimpft werden können oder deswegen innerhalb der letzten drei Monate nicht geimpft werden konnten, kann ebenfalls der Zutritt nach Vorlage eines tagesaktue­llen Antigensch­nelltests ermöglicht werden.“Übersetzt heißt dies: Menschen, die sich aus gesundheit­lichen Gründen nicht impfen lassen können, dürften auch mit negativem Test zu Veranstalt­ungen. Doch die Frage, wie sie dies nachweisen sollen und wie das Ganze mit dem Datenschut­z vereinbar sein soll, bleibt offen. Es gibt wohl noch viel zu diskutiere­n.

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FOTO: SOPHIA KEMBOWSKI / DPA Ohne Abstand und Maske in der Disko: Das 2G-optionsmod­ell wird auch in Thüringen diskutiert.

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