Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Corona: Land plant 2G-option
Wissenschaftlicher Beirat fordert großzügige Ausnahmen für Kinder und Jugendliche
Als Präventionsmaßnahme gegen das Coronavirus können künftig in Thüringen grundsätzlich nur noch Genesene, Geimpfte oder Getestete (3G) zu Veranstaltungen zugelassen werden. Dies betrifft Ausstellungen, Messen, Diskotheken oder sonstige Tanzclubs – aber nicht Restaurants. Darüber hinaus sollen Veranstalter die Option haben, den Zugang auf „nachweislich geimpfte und genesene asymptomatische Personen“(2G) zu beschränken. So sieht es ein Entwurf für die Sitzung des Landeskabinetts an diesem Dienstag vor. Die Regelung soll ab Oktober gelten und muss nach den Regierungsberatungen noch im Landtag debattiert werden.
Für Veranstaltungen mit 2G und 3G fielen Mindestabstands- und Maskenpflicht weg. Sie müssten bis zu einer Teilnehmerzahl von 5000 Menschen im Freien und 1500 Menschen in geschlossenen Räumen auch nicht mehr amtlich angemeldet werden. Zudem wären Kinder bis 6 Jahren von den Pflichttests freigestellt; bei Schülern unter 18 reichte ein Nachweis, dass sie an den Testungen in den Schulen teilgenommen haben. Darauf drängt intern vor allem Sozialministerin Heike Werner (Linke). Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, wären ebenso mit Test einzulassen.
In einem aktuellen Positionspapier, das dieser Zeitung vorliegt, fordert auch der Wissenschaftliche Beirat die rasche Einführung des 2G-optionsmodells. Allerdings sei es auf Gastronomie, Tourismus und
Kultureinrichtungen auszuweiten. Der Staat müsse möglichst viel Freiheit ermöglichen und gleichzeitig einen „Impfanreiz“setzen.
Darüber hinaus sprechen sich die Wissenschaftler dafür aus, allen Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren freien Zugang zu ermöglichen. Sie seien in der Pandemie bereits großen Einschränkungen ausgesetzt worden, heißt es in dem Papier. Zudem erkrankten sie nur sehr selten an Covid-19 und trügen somit kaum zur Überlastung des Gesundheitssystems bei.
Hamburg hat sie, Sachsenanhalt auch, die meisten anderen Länder planen sie: die 2G-option. Sie bedeutet, dass nur noch Menschen zu Veranstaltungen oder in Kneipen gelassen werden, die vollständig gegen das Corona-virus geimpft oder von Covid-19 genesen sind. Parallel dazu gibt es zumeist die Möglichkeit für 3G. Hier wird zusätzlich zu Geimpften und Genesenen auch negativ Getesteten Zugang gewährt.
Und Thüringen? Bereits vor einer Woche wurde in der Landesregierung ein Paragraf herumgereicht, mit der die Corona-verordnung ergänzt werden soll. Er sah 2G ausschließlich als Möglichkeit für Diskotheken und Clubs vor. Doch dann vertagte das Kabinett das Thema auf diesen Dienstag.
Der neue Entwurf sieht nun eine 2G-option für „die Durchführung von Veranstaltungen“vor, einschließlich Ausstellungen, Messen, sowie Spezial- und Jahrmärkten […] und den Betrieb von Diskotheken, Tanzklubs und sonstigen Tanzlustbarkeiten“. Im Unterschied zu anderen Ländern ist die Gastronomie nicht dabei, auch weil sich die Branchenverbände dagegen wehren.
„Vom Grundsatz her sind wir ja gar nicht dagegen“, sagt Dirk Ellinger, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands
(Dehoga) in Thüringen. 2G sei immer noch besser, als geschlossen zu werden. „Aber die Voraussetzungen müssen stimmen.“Die Regelungen sollten eineindeutig und vor allem praktikabel sein, „die aktuellen Verfügungen kann oft kein Mensch umsetzen“. Außerdem brauche die Branche mehrere Wochen Vorlauf. „Es muss klar sein, wie es funktioniert“, sagt Ellinger. Am Ende seien es die Wirte, die sich mit den Gästen herumstritten.
Aber auch ohne die Gaststätten ist die geplante Regelung kompliziert genug. Danach haben die Veranstalter die Wahl zwischen zwei Varianten. Die „Beschränkung des Zugangs auf nachweislich geimpfte und genesene asymptomatische
Personen (2G) oder zusätzlich zur Ziffer 1 [die] Erweiterung des Zugangs auf asymptomatische Personen, die den Nachweis eines negativen Pcr-tests oder eines Tests mit einem alternativen Nukleinsäureamplifikationsverfahren vorlegen können. Der PCR-TEST darf nicht länger als 48 Stunden zurückliegen, der alternative Test 24 Stunden. (3G+).“
Dass mit PCR-TEST eine laborgeprüfte, und damit genauere Testung gemeint ist, dürfte nach einem und einem halben Jahr Pandemie den meisten klar sein. Aber ein „Nukleinsäure-amplifikationsverfahren“? Gemeint sind offenkundig Tests, die per Abstrich das Virus direkt nachweisen und nicht -- wie die Mehrzahl
der üblichen Schnelltests – indirekt auf Antikörper oder Eiweißbausteine reagieren.
Ähnlich komplex gestaltet sind auch die Ausnahmeregelungen. Dass „Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres sowie noch nicht eingeschulte Kinder“Geimpften und Genesenen „gleichgestellt“werden, ist einfach zu verstehen. Danach wird es aber schwieriger: „Für Kinder und Jugendliche bis zur Vollendung des 17. Lebensjahres kann der Zutritt auch nach Vorlage eines tagesaktuellen Antigenschnelltests oder des Nachweises […] über die Teilnahme an regelmäßigen Testungen im Rahmen eines verbindlichen Testkonzepts an Schulen gestattet werden.“
Und schließlich: „Personen, die aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus Sars-cov 2 geimpft werden können oder deswegen innerhalb der letzten drei Monate nicht geimpft werden konnten, kann ebenfalls der Zutritt nach Vorlage eines tagesaktuellen Antigenschnelltests ermöglicht werden.“Übersetzt heißt dies: Menschen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können, dürften auch mit negativem Test zu Veranstaltungen. Doch die Frage, wie sie dies nachweisen sollen und wie das Ganze mit dem Datenschutz vereinbar sein soll, bleibt offen. Es gibt wohl noch viel zu diskutieren.