Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Die traurige Geschichte eines Obdachlosen aus Gera
Ein 38-Jähriger wird wegen schweren räuberischen Diebstahls beschuldigt – das berichtet er aus seinem Leben
Am Mittwoch setzt das Landgericht Gera das Sicherungsverfahren gegen einen Landmaschinentechniker fort, der einen schweren räuberischen Diebstahl in Gera begangen haben soll. Im Prozess berichtete der obdachlose Mann, inzwischen vorläufig in der forensischen Psychiatrie Stadtroda untergebracht, von seinem Tagesablauf.
Er lebte von Hartz IV, schaffte es aber durch seine psychische Krankheit nicht, sich um eine Wohnung oder Betreuung zu kümmern. „Manchmal habe ich mich kurzzeitig im Hotel eingemietet, um zu duschen“, sagt er. In einem Ärztehaus hatte er sich in der Toilette eingeschlossen und war dort eingeschlafen. Ein Hausmeister verständigte die Polizei. Rückblickend zeigt er Mitleid mit dem Beschuldigten: „Er ist ein armer Hund.“
Der Beschuldigte, heute 38 Jahre alt, war seit der Jahrtausendwende den Drogen verfallen, konsumierte unter anderem Crystal. Er saß auch schon eine Haftstrafe von dreieinhalb Jahren in Sachsen-anhalt ab und kam danach wieder in seine Heimat Thüringen. Die Wahl fiel auf Gera, weil er die Stadt kannte. „Ich habe Alkohol getrunken, um den Suchtdruck zu mildern. So lässt es sich normaler leben als mit Crystal“, berichtet er. Auf Crystal verzichtete er bewusst, weil er einst drei, vier Tage am Stück nicht schlavergeht. fen konnte. Zudem sei Alkohol günstiger als andere Drogen.
Wenn das Hartz IV am Monatsende nicht mehr reichte, hat er Lebensmittel geklaut, räumt der Beschuldigte ein. Den Tag habe er oft damit verbracht, mit der Straßenbahn seine Runden zu drehen oder zu schlafen, damit die Zeit schneller Bei sich trug er nur das Nötigste, darunter zwei Messer, um Brot zu schneiden. Eben jene Messer führen dazu, dass die mutmaßliche Tat in einem Supermarkt in Gera-lusan als schwerer räuberischer Diebstahl klassifiziert wird.
Im vergangenen Winter mit viel Schnee und kalten Nächten übernachtete er oft in den Vorräumen von Geraer Bankfilialen, in denen er sich aufwärmte. Er gibt zu, Polizisten dort mit der Aussage „Die Bank gehört mir“begrüßt zu haben. „Das war mein typischer Begrüßungsspruch.“Er räumt auch ein, sich manchmal aufbrausend verhalten zu haben. „Stellen Sie sich vor, Sie werden mit dem Fuß gestoßen und so unsanft geweckt“, sagt der
Beschuldigte. Trotz erkennbarer Behandlungserfolge in Stadtroda wünscht er sich dennoch, zurück in die Justizvollzugsanstalt Hohenleuben zu kommen. Ihn störe, dass er in Stadtroda regelmäßig Tabletten nehmen müsse. Er spüre durch sie keine Veränderungen, sagt er im Gerichtssaal. Die forensische Psychiaterin Helmburg Göpfert-stöbe verfolgt den Prozess, um eine Einschätzung über die Erkrankung zu erarbeiten. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Beschuldigte im Zustand der Schuldunfähigkeit handelte. Letztlich steht im Sicherungsverfahren die Frage, ob von dem Mann weitere schwere Straftaten zu erwarten sind und er gefährlich für die Allgemeinheit ist.