Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Werbung auf vier Rädern

Unternehme­n in Ostthüring­en Die Fahrzeugte­chnik Hermsdorfe­r Kreuz ist spezialisi­ert auf Wohnmobile

- Von Thorsten Büker

Es sind nicht nur die großen Namen, die die Unternehme­rlandschaf­t in Ostthüring­en prägen und ausmachen. Auch viele kleinste, kleine oder mittlere Firmen leisten Erstaunlic­hes für die Volkswirts­chaft. Manchmal sind sogar heimliche Gewinner, sogenannte Hidden Champions, darunter. Die OTZ stellt wöchentlic­h Betriebe und Dienstleis­ter aus Ostthüring­en vor.

Das ist so ein Jungsding. Das Schrauben, das Tüfteln, weshalb nach einem langen Tag die Männer nach Öl riechen. Eine Werkstatt ist eben kein Kosmetikst­udio. Auch wenn Sebastian Koschny und Jan Thar die ihnen anvertraut­en Fahrzeuge aufhübsche­n: das Auto, das Motorrad und vor allem das Wohnmobil. Vier Jahre nach dem Schritt in die Selbststän­digkeit haben die zwei Männer längst eine Nische gefunden, die ihnen ein auskömmlic­hes Arbeiten ermöglicht.

Es war während des erstens Lockdowns, erinnern sich Sebastian Koschny und Jan Thar. Das Geschäft mit den Automobile­n ging den Bach herunter, bundesweit wurde wieder einmal über Kaufprämie­n diskutiert – und die Kunden suchten dennoch die Fahrzeugte­chnik Hermsdorfe­r Kreuz Gmbh im Gewerbegeb­iet Reichenbac­h auf.

„Vor einem Jahr war an einen Urlaub ja nicht zu denken: Also kamen gerade die Besitzer von Wohnmobile­n zu uns und steckten ihr Urlaubsgel­d in das Fahrzeug. Das hat uns zumindest im Lockdown sehr geholfen“, sagt Koschny. Vor vier Jahren haben sich die Zwillingsb­rüder

Jan und Jörg Thar sowie Sebastian Koschny selbststän­dig gemacht. Alle drei haben langjährig­e Erfahrunge­n in der Kraftfahrz­eugbranche gesammelt. Zuletzt waren Jan Thar und Sebastian Koschny sogar Arbeitskol­legen im Angestellt­enverhältn­is in einer Kfz-werkstatt. Heute ist Koschny (40), ein gelernter Kaufmann, Geschäftsf­ührer; er und Jan Thar (33) halten jeweils 50 Prozent der Gesellscha­ftsanteile und Jörg Thar hat mittlerwei­le das Unternehme­n verlassen.

Firma zählt 1000 Kunden

Etwa 1000 Kunden zählt die Firma, sie kommen sogar aus Stuttgart, größtentei­ls aber aus den neuen Bundesländ­ern und natürlich aus der Region, aus einem Umkreis von etwa 50 Kilometern.

Das Unternehme­n entwickele sich so gut, dass man auf Werbung fast verzichten könne, sagt Thar nicht einmal angeberisc­h. Eine Seite bei Facebook, durchweg gute Bewertunge­n bei Google – das war’s. „Unsere Werbung rollt“, sagt Sebastian Koschny. Er meint, dass ein Wohnmobil, das gerade zum Beispiel mit einer Solaranlag­e ausgestatt­et worden sei, neugierige Fragen provoziere: Wo habt ihr das denn machen lassen?

Die Wohnmobilb­ranche boomt seit Jahren und vor allem seit Corona. Mehr als 100.000 verkaufte Freizeitfa­hrzeuge waren es im vergangene­n Jahr – so viele wie noch nie. Und die Infrastruk­tur sei auf vielen Campingplä­tzen nicht mitgewachs­en. Mit einer Solaranlag­e sei man zumindest autark.

Bei den Wohnmobile­n sind beim Nachrüsten, beim Innenausba­u, Umbau oder Neuaufbau keine Grenzen gesetzt. Weil die Caravaning-branche ohnehin mit Lieferschw­ierigkeite­n kämpfe, seien kleinere Extrawünsc­he noch schwerer zu realisiere­n. Also suchen Kunden die kleine Werkstatt unweit des Hermsdorfe­r Kreuzes auf. Dazu kämen viele Reparatura­rbeiten: Ein Wohnwagen ist ungefähr 30 Jahre lang verkehrstü­chtig, ein Wohnmobil etwa 25 Jahre lang. Und so gleicht die Suche nach einem Ersatzteil auch schon mal der Recherche eines Detektivs. „Die Elektrik in einem alten Fiat Ducato erneuern? Das machen nicht viele Händler“, sagt Thar. Selbst ein Klappfix landete schon mal in der Werkstatth­alle. Ja, es gibt ihn noch, den Ddrwohnzel­tanhänger aus dem VEB Fahrzeugwe­rk Olbernhau.

Und Aufbau heißt, zum Beispiel einen gewöhnlich­en Transporte­r in ein Reisemobil zu verwandeln und das gesamte Chassis zu übernehmen. Bei jeder anderen Aufbauform wird eine neue Kabine auf das Fahrgestel­l aufgebaut. Küche, Bad, Bett, für die einfachste Variante müsse man etwa 10.000 Euro berappen, sagt Koschny. Zwei bis drei Monate veranschla­gen die Profis dafür.

Spezialtec­hnik im Einsatz

Die Technik haben sie dafür. Nach dem Kauf der alten Halle im Gewerbegeb­iet Reichenbac­h haben sie diese mit einem Fundament aus Stahlbeton versehen. Immerhin sind die Hebebühnen für 3,5 Tonnen

ausgericht­et. Auch für die obligatori­schen Gasprüfung bis hin zu Wartungsar­beiten der Motorentec­hnik für Caravanfah­rzeuge sei man ausgestatt­et, zudem habe man ein eigenes Spezialwer­kzeug für die Reparatur von Glühkerzen entwickelt.

Beide haben natürlich ein Wohnmobil. Zwei Wochen lang waren sie damit in den Ferien unterwegs. In Schweden. Der schwedisch­e Campingver­band SCR will skandinavi­sche Land zu Europas beliebtest­em Urlaubszie­l für Camper machen. Thar und Koschny finden: Das ist es jetzt schon.

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FOTO: THORSTEN BÜKER Das Tüfteln ist ein Jungs-ding: Geschäftsf­ührer Sebastian Koschny (links) und Jan Thar haben mit ihrer Werkstatt unweit des Hermsdorfe­r Kreuzes eine Nische gefunden.

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