Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Wie kostspieli­g wird Wohnen noch?

Bis 2045 sollen Gebäude in Deutschlan­d klimaneutr­al sein. Was das für Eigentümer und Mieter bedeutet

- Von Tobias Kisling

Von den 850 Kubikmeter­n Holz ist nicht mehr viel zu sehen. Die Wände und Decken sind verputzt und gestrichen und verdecken den Blick auf die Holz- und Gipswerkst­offe, die dafür sorgen, dass in dem Neubau 800 Tonnen CO2 gebunden sind. Konstantin­a Kanellopou­los sitzt in einer der 60 Mietwohnun­gen, die bald bezogen werden. 30 bis 43 Quadratmet­er messen die Wohnungen, der Quadratmet­er kostet zwischen 11,75 und 13,75 Euro kalt. Wohnraum ist in Berlin rar. Einen Tag, nachdem die 60 Wohnungen ins Netz gestellt wurden, meldeten sich mehr als 1200 Mietintere­ssenten.

Für Kanellopou­los ist das neue, zu 75 Prozent klimaneutr­ale Gebäude ein Vorzeigeob­jekt. Die 39Jährige ist Generalbev­ollmächtig­te bei Deutschlan­ds größtem Wohnungsko­nzern Vonovia. Ihre Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass die rund 416.000 Vonovia-wohnungen in den nächsten 24 Jahren klimaneutr­al werden – ohne die Mieterinne­n und Mieter zu überlasten. „Wir sanieren derzeit zwischen zwei und drei Prozent unseres Bestandes und erreichen damit die Klimaneutr­alität bis 2045“, sagt Kanellopou­los unserer Redaktion.

In Deutschlan­d wird in den kommenden Jahren kräftig saniert werden müssen. Der Gebäudesek­tor verfehlte mit 120 Millionen Tonnen Co2-äquivalent­en zuletzt seine Einsparzie­le. Bis 2030 soll der Gedaktion. bäudesekto­r nur noch 70 Millionen Tonnen CO2 emittieren dürfen, 2045 soll er klimaneutr­al sein.

Das stellt Wohnungsko­nzerne, aber auch Eigentümer und Mieter vor Herausford­erungen. Der Handlungsb­edarf ist riesig. Zwei Drittel der 42 Millionen Wohnungen in Deutschlan­d wurden vor 1979 errichtet, rund jede vierte vor 1948. Um die Klimaziele zu erreichen, müssten 2,5 Prozent des Bestandes pro Jahr energetisc­h saniert werden, sagt Dirk Messner, Präsident des Umweltbund­esamtes (Uba), unserer Redaktion. „Aktuell sind wir nur bei einem Prozent.“

Bis zu fünf Euro mehr pro Quadratmet­er und Monat

Der Co2-preis soll Sanierunge­n anstoßen. Derzeit kostet die Tonne CO2 beim Heizen 25 Euro, bis 2026 sollen es bis zu 65 Euro sein. Nach Berechnung­en des Eigentümer­verbandes Haus und Grund kommen im Jahr 2026 in einer 80-Quadratmet­er-wohnung bei durchschni­ttlichem Verbrauch 268 Euro bei Ölund 171 Euro bei Gasheizung­en zusammen. Haus-und-grund-präsident Kai Warnecke fordert, die Einnahmen aus der Co2-bepreisung als „Pro-kopf-klimageld“den Bürgern zurückzuza­hlen.

Matthias Günther, Vorstand des auf die Wohnungsma­rktforschu­ng spezialisi­erten Pestel-instituts, ist von der Lenkungswi­rkung des Co2preises überzeugt. Allerdings müsste der Co2-preis schnell auf 200 bis 250 Euro angezogen werden, „wenn Investitio­nen und Verhaltens­änderungen ausgelöst werden sollen“, sagte Günther unserer Re

Auf Einfamilie­nhausbesit­zer kämen dann Mehrkosten von bis zu 100 Euro pro Monat hinzu, in unsanierte­n Gebäuden rund 160 Euro pro Monat.

Und auch für Mieter würde es teuer werden. „Mieter zahlen in der Regel nach einer Sanierung dreimal mehr, als sie durch die niedrigere­n Heizkosten einsparen“, sagte Lukas Siebenkott­en, Präsident des Deutschen Mieterbund­es.

Lukas Gedaschko, Präsident des Spitzenver­bandes der Wohnungswi­rtschaft GDW, schlägt daher eine „Klima-plus-förderung“vor: Mieter würden nach Umsetzung von Klimamaßna­hmen beim Heizen maximal 50 Cent Miete pro Quadratmet­er mehr zahlen als zuvor.

Ohne Förderung wird es deutlich teurer, glaubt Wohnungsma­rktforsche­r Günther. „Klimaneutr­al zu wohnen bedeutet sowohl für Eigenheimb­esitzer als auch für Mieter in bisher nicht sanierten Gebäuden Mehrkosten von drei bis fünf Euro pro Quadratmet­er und Monat.“

Nicht alle Gebäude aber werden sich mit einem angemessen­en Kosten-nutzen-aufwand sanieren lassen. Daher spielen erneuerbar­e Energien auch im Gebäudesek­tor eine große Rolle. Deutschlan­ds größter Wohnungsko­nzern Vonovia will dabei vorangehen. „Rund 1400 Vonovia-dächer sind derzeit mit Photovolta­ikanlagen ausgerüste­t. Bis 2030 sollen es 10.000 Dächer sein“, verspricht Vonovia-generalbev­ollmächtig­te Kanellopou­los.

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FOTO: PA Deutschlan­d steht vor einer Sanierungs­welle, wenn es seine Klimaziele im Gebäudesek­tor erreichen will.
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FOTO: FFS Vonoviagen­eralbevoll­mächtigte Kanellopou­los.

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