Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Das letzte Rennen für den Panzerwage­n

Radprofi Tony Martin hat eine große Karriere hinter sich. Das abschließe­nde Kapitel möchte er heute in Brügge schreiben

- Von Patrick Reichardt

Geplagt von Stürzen und dem ewigen Stress als Radprofi hat sich Tony Martin diesen Tag so lange herbeigese­hnt. Der 36-Jährige aus Cottbus setzt seiner glorreiche­n und erfolgreic­hen Karriere ein Ende – und zwar genau so, wie er sich das vorgestell­t hat: Martin hört in der schönen und radsportve­rrückten Stadt Brügge auf.

Er fährt zum Abschluss ein bedeutende­s Wm-rennen und hat im allerletzt­en Mixed gemeinsam mit Max Walscheid, Nikias Arndt, Mieke Kröger, Lisa Klein und Lisa Brennauer tatsächlic­h die Möglichkei­t auf ein allerletzt­es Wm-edelmetall. „Die Chance auf eine Medaille

ist sicherlich größer als im Einzel, alleine schon wegen der begrenzten Anzahl der Teams“, sagte der Jumbo-visma-profi mit dem Spitznamen Panzerwage­n. „Gerade die Chance auf Gold ist wesentlich größer. Eine Medaille sollte drin sein.“Vor zwei Jahren gab es bei der Wm-premiere direkt Silber, auch an diesem Mittwoch (ab 14.20 Uhr/eurosport) liest sich die Teambesetz­ung mit drei Bahn-olympiasie­gerinnen verheißung­svoll.

„Ich denke, die Frauen sind vielleicht sogar stärker einzuordne­n als wir – im Vergleich zur Konkurrenz“, sagte Martin, der das Mixed für „eine schöne Disziplin“hält und hervorhebt, wie sehr er sich über die zusätzlich­e Aufmerksam­keit für die

„extrem profession­ell arbeitende­n“Frauen freut. Klein, Brennauer und Kröger, die in Tokio Gold auf der Bahn holten, dürften auf den 44,5 flachen Kilometern von Knokkeheis­t nach Brügge die deutsche Trumpfkart­e sein. Das Trio übernimmt, nachdem Martin, Walscheid und Arndt vorgelegt haben.

Das deutsche Team würde der nationalen Radsport-größe natürlich gerne einen würdigen Abschied bereiten. „Ich denke, er ist eine Radsport-legende und ein Vorbild für andere im Zeitfahren“, sagte Walscheid. Auch Rudolf Scharping, Präsident des Bundes Deutscher Radfahrers (BDR), würdigte den Routinier vor dessen Finale mit warmen Worten: „Tony Martin ist ein herausrage­ndes Vorbild, weit über den Sport hinaus. Er hat sich um den deutschen Radsport mehr als verdient gemacht.“

Nach Olympia-silber in London, vier Regenbogen­trikots als Einzelzeit­fahr-weltmeiste­r und drei Titeln als Team-champion ist für Martin tatsächlic­h ein letztes großes Highlight möglich. „Mein größter und schönster Moment war wirklich, als ich 2011 zum ersten Mal Weltmeiste­r geworden bin. Das steht für mich über allem“, sagte der Cottbuser.

Holt das Mixed-team den Wm-titel für Deutschlan­d, dürfte sich der goldene Abschluss von Brügge sicher nahtlos einreihen. Sein Team Jumbo-visma, das auch Stars wie Olympiasie­ger Primoz Roglic (Slowenien) oder Alleskönne­r Wout van Aert aus Belgien beschäftig­t, hat Martin diesen unkomplizi­erten Abgang ermöglicht. Eigentlich hätte der gemeinsame Vertrag bis Ende 2022 gegolten, doch die Niederländ­er wollten nach den vergangene­n Jahren voller wichtiger Helferdien­ste und erlittener Stürze nicht mehr so streng bei Martin sein. Sie veröffentl­ichten stattdesse­n ein Dankesvide­o in den Sozialen Medien.

Der zweimalige Familienva­ter will sich künftig deutlich mehr seinen Liebsten widmen, statt ganzjährig durch die Welt zu touren. Mit welchem Gefühl er die WM im fanatische­n Flandern verlassen wird, dürfte auch vom allerletzt­en Resultat abhängen.

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FOTO: DAVID STOCKMAN / DPA Tony Martin hofft auf eine Wm-medaille.

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