Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Grenzen der Solidarität
Das gesetzlich organisierte Gesundheitssystem ist solidarisch. Gesunde zahlen über ihre Kassenbeiträge indirekt für weniger Gesunde oder chronisch Kranke mit. So können auch zum Teil sehr hohe Behandlungskosten gestemmt und ungeachtet begrenzter Ressourcen allen eine optimale medizinische Versorgung gewährt und garantiert werden.
Es gibt Bereiche, in denen dieses solidarische Grundprinzip schon jetzt auf die Probe gestellt wird. Etwa bei Rauchern, deren Gewohnheit das Gesundheitssystem viel Geld kostet. Ist es gerecht, dass alle dafür zahlen? Ähnliche Fragen könnte man bei selbstverschuldetem Übergewicht oder einer individuell besonders riskanten und gefährlichen Lebensweise stellen. An Appellen fehlt es nicht.
Corona kostet die Gesellschaft nicht nur viel Geld, sondern beansprucht auch wichtige Ressourcen in Praxen und Kliniken. Eine Überlastung und damit den möglichen Kollaps zu verhindern, ist der Hauptgrund dafür, dass seit Monaten Rechte und Freiheiten beschränkt werden. Die Last tragen auch die solidarisch mit, die nicht zu den besonderen Risikogruppen gehören. Man denke nur an Kinder und Jugendliche, die kaum Gefahr laufen, schwer zu erkranken.
Impfungen gegen das Corona-virus sind inzwischen das wirksamste Mittel gegen immer neue Viruswellen. Wer geimpft ist, senkt sein Erkrankungsrisiko und das anderer. Hürden, sich impfen zu lassen, gibt es praktisch keine mehr. Man muss also nicht mehr krank werden.
85 Prozent der Corona-intensivpatienten sind Ungeimpfte. Erhöht das den Druck auf Impfzögerer und -verweigerer? Ja. Denn jeder dieser Patienten kostet viel Kraft, Geld und medizinische Kapazitäten, die anderswo fehlen. Darüber noch einmal nach- und die eigene Entscheidung zu überdenken, ist auch eine Frage der Solidarität.