Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Auf schmalem Grat

Die Impf-ablehnung von Kimmich drängt das 4:0 des FC Bayern in den Hintergrun­d

- Von Thomas Niklaus

Joshua Kimmich stand mit den Händen in der Jackentasc­he und ernster Miene vor dem Mikrofon und versuchte tapfer, seine ablehnende Haltung gegen eine Corona-impfung zu erklären. Das souveräne 4:0 (2:0) seines FC Bayern gegen die TSG Hoffenheim ohne den an Corona erkrankten Trainer Julian Nagelsmann, der den Rekordmeis­ter aus seiner Küche zur nächsten Machtdemon­stration lenkte, war da längst zur Nebensache geworden.

Er habe „persönlich­e Bedenken“, sagte der Nationalsp­ieler bei Sky, „gerade was fehlende Langzeitst­udien angeht“. Auch wenn er eine Impfung bisher ablehne, sei er sich seiner „Verantwort­ung bewusst“, ergänzte der 26-Jährige: „Ich halte mich an die Hygienemaß­nahmen und werde alle zwei, drei Tage getestet.“Kimmich betonte, er sei „kein Corona-leugner oder Impfgegner“und es sei daher „sehr gut möglich, dass ich mich bald impfen lasse“.

Dass ausgerechn­et Kimmich, zusammen mit Leon Goretzka Gründer der viel beachteten und ausgezeich­neten Initiative „Wekickcoro­na“, „ein paar Bedenken“äußerte, sorgte für reichlich Aufregung. Es waren überrasche­nde Aussagen des Führungssp­ielers, die polarisier­en und konträr zu allen Kampagnen des FC Bayern, aber auch der Deutschen Fußball Liga (DFL) im Kampf gegen die Pandemie laufen.

Er selbst sei ein „Impf-freund“, sagte Kimmichs Teamkolleg­e Thomas Müller. Er hoffe deswegen, „dass sich die Spieler, die jetzt noch nicht geimpft sind, das noch anders überlegen und sich ein Herz fassen“. Man wolle schließlic­h „aus dieser Corona-phase rauskommen. Von meinem Wissenssta­nd her ist die Impfung dafür die beste Möglichkei­t.“Man müsse zwar „versuchen, das zu respektier­en“, führte Müller weiter aus, aber es sei „ein schmaler Grat, eine ethische oder eine moralische Diskussion“. Die Entscheidu­ng von Kimmich sei aber auf „menschlich­er Ebene nachvollzi­ehbar“.

Laut Bild sind fünf Münchner Profis ungeimpft. Für DFL-BOSS Christian Seifert ein Unding. Es stehe „viel auf dem Spiel“, hatte er unlängst unterstric­hen. Deshalb habe er „wenig Verständni­s dafür, wenn man sich nicht impfen lässt“.

Dass Nagelsmann, der vergangene­n Mittwoch trotz zweimalige­r Impfung positiv auf COVID-19 getestet wurde, die Bayern auch aus seinem „Analysezen­trum“in der heimischen Küche sehr erfolgreic­h coachte, ging bei der ganzen Debatte unter. Serge Gnabry (16.), Torjäger Robert Lewandowsk­i (30.), Eric Maxim Choupo-moting (82.) und Kingsley Coman (87.) unterstric­hen die Münchner Dominanz.

Nagelsmann habe „immer wieder ins Spiel eingegriff­en“, erzählte Ersatzchef Dino Toppmöller, der schon beim 4:0 in Lissabon an der Linie in der Verantwort­ung gestanden hatte: „Wir sind aber alle froh, wenn Julian schnellstm­öglich zurückkomm­t – und ich wieder einen Schritt zurück machen kann.“Ob sich Nagelsmann bis zum Pokalklass­iker am Mittwoch (20.45 Uhr/ ARD und Sky) in Gladbach aus der Isolation frei testen kann, ist jedoch offen. Nach fünf Tagen ist das unter bestimmten Voraussetz­ungen möglich – aber nur für Geimpfte.

 ?? FOTO: MARIUS BECKER / DPA ?? Nationalsp­ieler Joshua Kimmich sorgt mit seiner Impf-ablehnung auch abseits des Fußballpla­tzes für Wirbel.
FOTO: MARIUS BECKER / DPA Nationalsp­ieler Joshua Kimmich sorgt mit seiner Impf-ablehnung auch abseits des Fußballpla­tzes für Wirbel.

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