Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Missbrauch­sverdacht im Seniorenhe­im

Ein Pflegehelf­er wird beschuldig­t, eine 88-Jährige in Gera sexuell genötigt zu haben

- Von Tino Zippel

Hat ein Pfleger in einem Geraer Seniorenhe­im eine 88-jährige, bettlägeri­ge Frau sexuell genötigt? Über diese Frage muss das Amtsgerich­t Gera in einem aktuellen Fall entscheide­n.

Die Staatsanwa­ltschaft wirft einem 41 Jahre alten Angeklagte­n aus Gera das Delikt vor, das sich am 21. Juli 2020 ereignet haben soll. Demnach habe er im Zimmer der Frau in einem Geraer Seniorenhe­im mit erigiertem, entblößtem Geschlecht­steil vorm nackten Intimberei­ch der wehrlosen Frau gestanden.

Die Pflegedien­stleiterin des Hauses hat den Mann, der als Pflegehilf­skraft seit sechs Monaten in dem Heim gearbeitet hatte, auf frischer Tat ertappt. „Wir hatten bis zu diesem Zeitpunkt nichts an seiner Arbeit auszusetze­n. Er hat zwar nicht alles richtig gemacht, aber war kritikfähi­g“, schätzt die Pflegechef­in ein. An jenem Tag war er gemeinsam mit einer Fachkraft für die 31 Bewohnerin­nen und Bewohner des Wohnbereic­hes zuständig.

Kurz vor dem Mittagesse­n sei sie in das Zimmer der Bewohnerin gegangen, berichtet die Pflegedien­stleiterin. Die Bewohnerin lag quer im Bett, der Pfleger stand davor. Die Beine der Frau hätten sich links und rechts seiner Hüften befunden. „Als ich neben das Bett getreten bin, hat er schnell die Hose hochgezoge­n und die Frau wieder ins Bett geschoben“, berichtet die Zeugin, die den Mitarbeite­r sofort des Hauses verwiesen hat.

Der Angeklagte schweigt zu den Tatvorwürf­en. Sein Verteidige­r versucht, die Pflegedien­stleiterin in Widersprüc­he zu ihrer polizeilic­hen Aussage zu verwickeln. Etwa, ob der Mann eine Schlupfhos­e oder eine Hose mit Knopf trug. Heute sagt sie, es sei definitiv eine Arbeitshos­e ohne Knopf gewesen. „Ich träume seit anderthalb Jahren in regelmäßig­en Abständen von dem Vorfall“, sagt die Zeugin, die direkt danach eine Pflegefach­kraft zur Hilfe gerufen hatte.

Jene sagt, dass ihre Chefin kreideblei­ch gewesen sei: „Sie war fix und fertig.“Gemeinsam hätten sie die bettlägeri­ge Seniorin gewaschen, wieder angezogen und ein neues Bettlaken aufgezogen.

Das mutmaßlich­e Opfer der sexuellen Nötigung kann selbst nicht vor Gericht aussagen. Die Frau ist hochgradig dement und kann nur sehr eingeschrä­nkt sehen, hören und nicht laufen. Das Heim habe ihn sofort nach dem Vorfall informiert, berichtet ihr Sohn. Er lobt die Einrichtun­g: „Der Pflegezust­and meiner Mutter ist sehr gut.“

Weitere Zeugenvern­ehmungen sind in dem Fall geplant, bevor das Schöffenge­richt zu einem Urteil kommt. Dem Angeklagte­n droht im Fall einer Verurteilu­ng mindestens ein Jahr Freiheitss­trafe.

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