Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Mehr Flüchtlinge als 2015 erwartet
Kaum noch Unterkünfte in Thüringen vorhanden. Rund 30 Großfamilien eingereist
In Thüringen werden Unterkünfte für Geflüchtete knapp. Falls weiterhin so viele Menschen wie zuletzt einreisten, werde die „Unterbringungssituation problematisch“, heißt es in einer Antwort des Landesverwaltungsamtes auf eine Anfrage dieser Zeitung. „Die Landkreise und kreisfreien Städte kommen an die Grenzen ihrer Aufnahmekapazitäten; freie Wohnungen können kaum noch akquiriert werden.“
Seit Beginn der russischen Invasion am 24. Februar flohen nach offiziellen Zahlen 22.503 Menschen aus der Ukraine nach Thüringen. Zwei Drittel davon waren weiblich. Die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die bisher vollständig amtlich registriert wurden, lag bei 7518.
Im Frühsommer nahmen die Einreisen nochmals zu: Seit Anfang Juni kamen mehr als 4600 Ukrainer. Ein Grund dafür ist, dass Thüringen das Soll der bundesweiten Verteilungsquote,
laut der das Land 3800 mehr Menschen aufgenommen haben müsse, immer noch nicht erfüllt. Um diesen Rückstand auszugleichen, wies der Bund Thüringen zuletzt überdurchschnittlich viele Flüchtlinge zu. Dazu gehören auch wieder mehr Menschen aus Syrien, Irak oder Afghanistan. Nach internen Schätzungen könnte sich bis Ende des Sommers die Zahl der diesjährigen Einreisen auf 30.000 Menschen erhöhen. Dies wären dann so viele wie im gesamten sogenannten Flüchtlingsjahr 2015.
Zunehmend Schwierigkeiten bereiten den Kommunen dabei große Familienverbände mit mehr als 50 Personen, die aus dem Südwesten der Ukraine einreisen. Das Landesverwaltungsamt spricht von bisher „vermutlich 29 Großfamilien“. Der größte Verband besteht nach Kenntnis der Behörde aus 71 Menschen.
Derzeit wurden die Großfamilien vor allem in Turnhallen oder Zelten untergebracht. Diese werde von der
„Bevölkerung zunehmend kritisch gesehen beziehungsweise nicht mehr akzeptiert“, heißt es in einem Brief von Landkreistagspräsidentin
Martina Schweinsburg an Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke). Die Greizer Cdu-landrätin forderte das Land auf, „unverzüglich operative Verantwortung zu übernehmen und selbst Gemeinschaftsunterkünfte anzubieten“. Parallel dazu dauert der Streit über die Kosten an. Der Landtag hatte sich nicht auf einen Gesetzentwurf der rot-rotgrünen Minderheitskoalition einigen können, laut dem die Kommunen vorerst einen Abschlag von 18,7 Millionen Euro erhalten. Die CDU unterstützt die Forderung Städte und Kreise, jenseits der Pauschalzahlungen sämtliche Flüchtlingsausgaben beim Land einzeln abrechnen zu können. Dies verweigert Rot-rot-grün.
„Wir lassen uns nicht abspeisen“, sagte der Präsident des Gemeindeund Städtebundes, Michael Brychcy (CDU), dieser Zeitung. „Wir wollen die die volle Kostenerstattung, so wie vom Ministerpräsidenten versprochen.“Leitartikel
Wir wollen die Flüchtlinge aufnehmen, und wir stehen als Kommunen zusammen. Aber das Land darf uns nicht damit alleine lassen.
Michael Brychcy Präsident des Thüringer Gemeinde und Städtebundes