Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Europas Süden brennt

In Griechenla­nd, Italien und auf der Iberischen Halbinsel bedroht die Hitzewelle auch Touristen

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Micaela Taroni, Peter Heusch und Gerd Höhler Rom/paris/madrid/athen.

Gluthitze, Dürre, heftige Winde: Waldbrände verwüsten dieser Tage riesige Flächen in Teilen Südeuropas. Ein Ende der Wetterextr­eme ist nicht in Sicht. Worauf sich Urlauber einstellen müssen.

Italien

Die klimatisch­en Umstände lassen die Italiener zunehmend verzweifel­n. Im ganzen Land finden sich Glaubensge­meinschaft­en zusammen, die dafür beten, dass es endlich regnet. „Das ist kein Aberglaube – wir bitten einfach Gott um Beistand“, sagt Piergiorgi­o Valdonio (73), Gemeindepf­arrer in der Lombardei.

Die schwerste Dürre der letzten 70 Jahre begünstigt Brände, die seit Tagen die Gegend um den Gardasee, Südtirol und die Badeortsch­aft Bibione bei Venedig belasten. Die Feuerwehre­n bekämpften zuletzt am Berg Monte Baldo östlich des Gardasees in einem rund 45 Hektar großen Areal gleich mehrere Feuer. In Bibione war die Rauchentwi­cklung so stark, dass der Qualm auch in den Badeorten Caorle und Lignano Sabbiadoro zu sehen war. Acht Touristen, die in einem Wald unterwegs waren, mussten wegen der nahenden Flammen ins Meer springen und wurden dort von der Küstenwach­e gerettet.

Dem Bauernverb­and Coldiretti zufolge ist die Hälfte der Viehzucht von der Dürre bedroht, landesweit könnten 30 Prozent der Agrarprodu­ktion der Hitze zum Opfer fallen. Beim Getreide könnten sich die Ernteausfä­lle auf gut ein Drittel summieren. Noch schlimmer trifft es die Reisbauern, deren Anbaufläch­en eigentlich gerade geflutet sein müssten: In der Po-ebene werden 50 Prozent des in der EU produziert­en Reises angebaut. Man rechnet mit Ernteausfä­llen von bis zu 70 Prozent. Die Folge sind steigende Preise. Viele Reissorten erreichen historisch­e Höchstprei­se, etwa der Carnaroli-reis, der gegenüber Juni 2021 um 120 Prozent teurer geworden ist.

Frankreich

Orangerot war der Himmel am Samstagabe­nd über einem Großteil des südwestfra­nzösischen Départemen­ts Gironde. Der Widerschei­n von gleich vier unweit von Bordeaux lodernden Waldbrände­n erleuchtet­e den bereits fünf Tage andauernde­n Kampf von 1800 zunehmend

In halb Europa wüten dieser Tage Feuersbrün­ste. Ganze Landstrich­e verbrennen vor den Augen hilfloser Menschen.

erschöpfte­n Feuerwehrl­euten gegen meterhohe Flammen. Die Behörden ordneten die Evakuierun­g von rund 8000 Anwohnern und Urlaubern an, deren Häuser, Campingplä­tze oder Ferienwohn­ungen unmittelba­r bedroht waren. Die Situation spitzt sich zu: Am Sonntagnac­hmittag konnten die beiden größten Feuerwalze­n, die mehr als 10.000 Hektar Wald- und Buschgelän­de in eine verkohlte Mondlandsc­haft verwandelt haben, immer noch nicht unter Kontrolle gebracht werden. Währenddes­sen wurden in der Nähe von Montpellie­r, Toulon und Marseille weitere acht Brandherde gemeldet.

In Südfrankre­ich brennt es an allen Ecken: eine Folge der verfrühten Hitzewelle­n – die Temperatur­en im Mai sowie in der ersten Junihälfte waren die höchsten aller Zeiten – und der durch sie hervorgeru­fenen Dürre in mittlerwei­le 37 Départemen­ts des Landes. Eine weitere und besonders intensive Hitzeperio­de treibt derzeit die Temperatur­en selbst im Norden auf über 40 Grad und soll laut Meteorolog­en frühestens am Mittwoch zu Ende gehen.

Wasser wird dadurch zum kostbaren Gut. In Villars-sur-var bei Nizza forderte der Bürgermeis­ter die Einwohner auf, Leitungswa­sser weder zu trinken noch zum Kochen zu verwenden – sogar auf das Zähneputze­n sollen seine Bürger verzichten. An mehreren Mittelmeer­stränden sind die Duschen abgestellt worden, in vielen Gemeinden dürfen die Golfplätze und Parks nicht mehr bewässert werden.

Spanien und Portugal

Nachdem die Temperatur­en in Teilen der Iberischen Halbinsel am Wochenende auf deutlich über 40 Grad gestiegen waren, könnte es ab dem heutigen Montag eine leichte Abkühlung geben – auf Werte um die 35 Grad. Die vielen Waldbrände dürften durch den leichten Temperatur­rückgang aber noch lange nicht gestoppt werden. Viel zu ausgedörrt sind die Wälder, knochentro­cken

nach einem regenarmen Winter und Frühjahr. In den ländlichen Regionen spielen sich teils erschütter­nde Szenen ab. Tausende Menschen mussten in den beiden Ländern wegen der herannahen­den Flammen ihre Häuser fluchtarti­g verlassen. Ein Landwirt in der westspanis­chen Region Caceres berichtete im TV vom Feuertod seiner 40 Schafe und weitere Bauern davon, dass ihr Vieh verdurste, weil sie nicht zu ihren Höfen dürften.

Griechenla­nd

Griechenla­nd ist bisher von der großen Hitze verschont geblieben. Athen meldete am Sonntag Höchsttemp­eraturen von 35 Grad. Das ist für diese Jahreszeit nicht ungewöhnli­ch. Dennoch brechen jeden Tag Dutzende Brände aus, die aber bisher eingedämmt werden konnten. Am Sonntag mussten bei der Ortschaft Agios Georgios auf Kreta mehrere Ferienhäus­er geräumt werden. Wer sich in gefährdete­n Regionen aufhält, bekommt ein schrilles Alarmsigna­l und eine WARN-SMS in griechisch­er und englischer Sprache auf sein Smartphone.

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AFP (3)/ IMAGO BORDEAUX, FRANKREICH
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ROM, ITALIEN
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BAIÃO, PORTUGAL
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MÁLAGA, SPANIEN

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