Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Mehr Geld für Wohnungsbau nötig
Thüringer Verbände mahnen Verstetigung der Ausgaben für Erhalt der Infrastruktur an
Die Bauindustrie in Thüringen fürchtet für dieses Jahr keinen massiven Einbruch in der Branche. „Nach einem schwierigen Jahr 2022 bin ich eigentlich recht positiv gestimmt beim Ausblick auf dieses Jahr“, sagte der Vorsitzende des Thüringer Landesverbandes im Verband der Bauindustrie Hessen-thüringen, Steffen Könnicke, gestern im Schloss Ettersburg im Weimarer Land. Allerdings müsse es bei den Bauherren und in Unternehmen in der Branche ein Umdenken geben.
„Wir brauchen nicht mehr in jedem Falle Pflastersteine aus China oder aus Vietnam, sollten statt dessen auf regionale Kreisläufe setzen“, forderte Könnicke.
Auf den Mangel an Fachkräften, der trotz hoher Löhne und Ausbildungsvergütungen auch die Bauwirtschaft in Deutschland treffe, reagiere man mit verstärkter Digitalisierung. Das stabilisiere die Lage und helfe dabei, Nachfrage erfüllen zu können.
Mehr Geld des Staates ist aus der Sicht von Könnicke zwingend erforderlich, wenn der Bund sein erklärtes Ziel von 400.000 neuen Wohnungen im Jahr erreichen will. „Angesichts steigender Zinsen und explodierender Material- und Baupreise sind neue Förderprogramme für den Wohnungsbau zwingend geboten“, ist Könnicke überzeugt.
Auch das Baugewerbe sieht sich für die anstehenden Herausforderungen gut gerüstet, versicherte der Vorsitzende des Baugewerbeverbandes Thüringen Andreas Kley. Es sei ganz sicher nicht die Schuld der Bauwirtschaft, dass das Ziel des Bundes im Wohnungsbau im zurückliegenden
Jahr erneut deutlich verfehlt wurde, so Kley.
Trotz Kostenexplosion und gestörter Lieferketten hätten die Thüringer Unternehmen der Baubranche an ihren Fachkräften festgehalten, berichtete der Geschäftsführer des Bauindustrieverbandes Burkhard Siebert. „Die Zahl der Beschäftigten im Bauhauptgewerbe ist im Freistaat mit 14.241 nahezu konstant auf dem Niveau des Vorjahres geblieben“, so Siebert. Der Umsatz der Branche lag im Freistaat im vergangenen Jahr demnach bei 1,98 Milliarden Euro, der Auftragseingang stieg im Jahresvergleich
um gut fünf Prozent auf zuletzt 1,95 Milliarden Euro.
Vor einem Investitionsstau beim Erhalt der Infrastruktur in Deutschland warnte Andreas Präger vom Vorstand des Bauindustrieverbandes. Der Zustand der Landes- und kommunalen Straßen in Thüringen sei oft alles anderes als gut. „Es bedarf dringend einer Verstetigung der Ausgaben in diesem Bereich“, erklärte Präger.
„Ein Investitionsstau tut doppelt weh“, warnte auch Steffen Könnicke davor, an der falschen Stelle zu sparen. Komme das Geld zu spät, würden die Schäden größer und die
Baukosten noch höher. „Zudem ist es sicherlich ein Aufreger, wenn es dann an jeder zweiten Ecke eine Baustelle gibt“, so Könnicke.
Im zurückliegenden Jahr wurden in Thüringen 5700 neue Wohnungen gebaut, berichtete Burkhard Siebert. Eine Vielzahl davon entstand demnach in Erfurt, hingegen vergleichsweise wenige in Suhl und in Weimar.
Auf den anhaltenden Fachkräftebedarf reagiert die Branche mit der Einstellung von Menschen aus Afghanistan, Madagaskar oder Vietnam, so Andreas Präger. Dabei gelte es, das Sprachproblem zu lösen.