Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Expressiv und farbig
Kunstverein Gera eröffnet diesen Donnerstag Ausstellung mit Werken zweier Berlinerinnen
Gera. Die Dresdner Rüstkammer versammelt historische Waffen, Rüstungen, militärische Prunkkleidung und altes Kriegsgerät. Für die Berliner Künstlerin Annedore Dietze ist diese Form der royalen Repräsentation ein Zeichen für überkommenes Männlichkeitsgebaren, „das doch sehr lächerlich“sei. „Aber leider entwickeln wir uns nicht weiter“, sagt sie. „Wir führen immer noch Kriege und müssen immer noch protzen.“Für ihre Werkreihe „Do Not Be Childish“(Sei nicht albern, nicht kindisch) diente ein Besuch der Rüstkammer als Anlass. Ausgehend von einem Pferdekopf entwickelte die Künstlerin auf einem der großformatigen Gemälde zum Beispiel eine Art abstraktes Blutbad. Es scheint, als habe hier eine verheerende Explosion menschliche Körper zerrissen.
Zu sehen ist dieses expressive Bild über Krieg und Gewalt in der neuen Ausstellung des Geraer Kunstvereines. Unter dem Titel „Celebration“zeigt Annedore Dietze gemeinsam mit der Bildhauerin Ulrike Buhl großformatige Malerei und plastische Arbeiten.
Material aus der Flugzeugindustrie
Angeregt wurde die Exposition vom katholischen Pfarrer Bertram Wolf sowie von Simone Haack, ehemalige Geraer Residenzkünstlerin und Berliner Ateliernachbarin von Annedore Dietze. Dietze ihrerseits brachte Kollegin Ulrike Buhl ins Gespräch, mit der sie schon seit Längerem eine gemeinsame Ausstellung plante.
Beide Künstlerinnen eint eine Bild- beziehungsweise Formsprache, die zwischen Figuration und Abstraktion changiert und von enormer Farbigkeit geprägt ist. Dietze wie Buhl arbeiten oft prozessual, das heißt, ihre Werke entstehen im Prozess, angeregt durch persönliche Seherfahrungen.
Während Annedore Dietze sich in Öl auf Leinwand ausdrückt, verwendet Bildhauerin Buhl Modellbaustoffe aus der Flugzeugindustrie. Es war ein Atelierwechsel, der Ulrike Buhl vor etwa 15 Jahren zu diesen leichteren Materialien führte. Denn Gipse und Bronzen lassen
sich nur mit viel Aufwand transportieren. Zugleich reizte sie der Werkstoff Kunststoff, der gerade in Kunstkreisen oft als wertlos betrachtet werde. Doch trotz des vermeintlich billigen Materials schafft sie edle, geschwungene Gebilde, die aufgrund ihrer effektvollen Lackierung eine intensive Farbigkeit und zum Teil besonderen Glanz erhalten. Die Künstlerin formt kostbare amorphe Unikate, die nicht von dieser Welt zu sein scheinen.
Geboren 1967 in Bad Boll bei Stuttgart, widmet sich Buhl zunächst
dem Schauspiel und dem Gesang. Mit 32 wendet sie sich der Bildhauerei zu. Heute lebt und arbeitet sie in Berlin und im Münsterland. Annedore Dietze stammt aus Bischofswerda bei Bautzen. In den 90er-jahren studierte sie in Dresden Malerei und Grafik. Seit 1996 lebt und wirkt sie ebenfalls in der Hauptstadt.
Der Ausstellungstitel „Celebration“zielt laut Annedore Dietze auf die Freude am Dasein ab, „darauf, das Leben zu feiern“. Leben impliziere aber auch immer Bedrohlichkeit
sowie Vergänglichkeit. Werden und Vergehen, Entstehung und Zerstörung gingen stets simultan vonstatten. Und so bietet die Doppelausstellung ein Fest der Farben; sie reflektiert aber auch immer wieder die Aggressionen und Ambivalenzen unserer Welt.
Eröffnet wird die Ausstellung am heutigen Donnerstag, 19. Januar, um 19 Uhr in den Räumen des Kunstvereines am Geraer Markt (8/9). Sie ist bis 18. März freitags und samstags von 15 bis 18 Uhr zu sehen.