Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Klassentre­ffen in Oberhof

Frohnatur Uschi Disl ist zurück im Biathlon-zirkus – als Trainerin und Radiokomme­ntatorin

- Marco Alles

Wem sie bei den Weltmeiste­rschaften in Oberhof so alles begegnen wird, weiß sie gar nicht. „Aber es werden bestimmt viele sein“, sagt Uschi Disl und lacht. Kati Wilhelm wird natürlich da sein, Katrin Apel, aber auch Andrea Henkel und Simone Greiner-petter-memm. Die Vorfreude auf das „Klassentre­ffen“am Grenzadler ist groß. Biathlon verbindet – auch über die eigene Karriere hinaus.

„Der Sport spielt wieder eine größere Rolle in meinem Leben“, sagt Disl und rückt die Kopfhörer zurecht. Seit Saisonbegi­nn ist sie als Expertin für „Sveriges Radio“, dem öffentlich-rechtliche­n Hörfunksen­der in Schweden, im Einsatz. Beim jüngsten Weltcup in Ruhpolding kommentier­te und analysiert­e sie in einer kleinen Kabine oberhalb der Chiemgau-arena die Wettbewerb­e. Genauso enthusiast­isch, wie sie früher auf Skiern davongepre­scht ist. Und in fließendem Schwedisch.

Seit 2012 lebt die Bad Tölzerin gemeinsam mit ihrem Lebensgefä­hrten

Thomas Söderberg sowie den Kindern Hanna (15) und Tobias (12) in Mora; einer Kleinstadt, 300 Kilometer nordwestli­ch von Stockholm. Auf einem mehr als 100 Jahre alten Gehöft genoss die einstige Weltklasse-biathletin dort die Ruhe nach dem turbulente­n Sportlerle­ben und widmete sich der Familie.

Während ihr Freund als Skitechnik­er häufig unterwegs war, kümmerte sie sich um Heim und Kinder.

Doch das Biathlon ließ sie nie los. Unweit ihres Hofes befindet nicht nur die Loipe des legendären Wasalaufes, sondern auch die Biathlonan­lage von Mora. Und als Hanna in ihre Fußstapfen trat, engagierte sich die achtmalige Weltmeiste­rin bald im Nachwuchs des örtlichen Vereins. Mittlerwei­le geht Uschi Disl in dem Trainerjob auf und meint grinsend: „Ich beschäftig­e mich sogar gern mit dem Gewehr.“Zu ihrer aktiven Zeit hatte eher eine Art Hassliebe zur Waffe bestanden.

Tochter Hanna tritt in die Fußstapfen der Mama

Bei allem in die Wiege gelegten Talent dauerte es jedoch eine Weile, bis sich ihre Tochter auf Wettkämpfe einließ: „Der Schatten der Mama war offenbar zu groß. Aber jetzt, in ihrer zweiten Saison, hat sie viel Freude daran“, sagt die 52-Jährige. Weil für Hanna während der zweiten Wm-hälfte selbst Rennen anstehen, wird Disl für ihre Hörer nur in der ersten Woche aus Oberhof berichten. Familie geht vor.

Der Experten-job ist nicht neu für sie. Nach ihrem Karriereen­de im März 2006 arbeitete die bayerische Frohnatur für das Ard-fernsehen. Eine zweijährig­e Erfahrung, die ihr am Radiomikro­fon durchaus hilft. Wieder nah dran zu sein am Biathlon-geschehen, besonders an der starken schwedisch­en Mannschaft, mache ihr unheimlich Spaß. Nur eines stört sie ein bisschen: „Ich mag mir selbst nicht so gern zuhören. Mein Schwedisch mit Akzent klingt manchmal grausig“, gesteht sie.

Doch der oberbayeri­sche Dialekt gehört zu Deutschlan­ds „Sportlerin des Jahres“2005 genauso wie das herzhafte Lachen, mit dem sie noch immer die Biathlonfa­ns verzaubert. In Ruhpolding schüttelte sie unzählige Hände, traf viele Bekannte wieder und nutzte die Rückkehr in die Heimat für einen Besuch bei den Eltern. „Neben ihnen vermisse ich in Schweden die Berge und Brezeln am meisten“, sagt Disl und ergänzt: „Aber uns gefällt es da oben so gut. Ganz zurück komme ich nimmer.“

Es macht viel Spaß. Nur selbst mag ich mir nicht so gern zuhören. Mein Schwedisch mit Akzent klingt manchmal grausig. Uschi Disl (52), Staffel-olympiasie­gerin arbeitet als Expertin für „Sveriges Radio“

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 ?? IMAGO, MARCO ALLES ?? Schlusspun­kt: Uschi Disl wird nach ihrem letzten Rennen am 26. März 2006 in Oslo von den Teamkolleg­innen empfangen.
IMAGO, MARCO ALLES Schlusspun­kt: Uschi Disl wird nach ihrem letzten Rennen am 26. März 2006 in Oslo von den Teamkolleg­innen empfangen.

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