Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Doppelmoral und Skilust
Wenn mir vor 25 Jahren jemand erzählte, er fährt nach Davos, dann leuchteten meine Augen – denn der Schweizer Skiort ist ein Eldorado für Alpinski-fans wie mich. Heute gilt der Nobelort in Graubünden für viele als Hass-objekt, weil dort das Weltwirtschaftsforum tagt, um die Zukunft des Kapitalismus zu sichern. Für mich ist es ein Ort der Doppelmoral. Denn die gleichen Eliten, die vor Kurzem in Sharm El Sheik die Rettung des Weltklimas postulierten, reisten nun mit mehr Privatjets als je zuvor nach Davos, wo das Weltklima als größte Gefahr der Zukunft behandelt werden soll. Da vergeht manch einem Skifahrer die Lust an der weißen Pracht.
Wobei ich das über mich nicht sagen kann. Denn nicht nur der Schneefall der letzten Tage, sondern auch die kindliche Freude meines Sohnes haben mich „getriggert“. Der Bursche fährt am Sonntag für fünf Tage ins Skilager. Und wo sonst gelangweiltes Pubertätsverhalten durchs Haus weht, ist es derzeit eine große Aufgeregtheit: Passt der Helm noch? Stimmt die Einstellung der Skier? Wo hab ich eigentlich meine Skihandschuhe? Das waren die Fragen der letzten Tage, bei denen mich auch die Lust auf hohe Berge, weiße Hänge und rasante Abfahrten gepackt hat. Und wenn diese Ski-leidenschaft mich erwischt, dann ist die Frage nach Klimawandel erst einmal zweitrangig, auch wenn dies einigen Moralaposteln vielleicht missfallen mag.
Denn bei allen kritischen Themen unserer Zeit ist es wichtig, das Leben auch mal zu genießen. In diesem Sinne: Machen Sie sich doch mal ein schönes Wochenende!