Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Weißes Gold aus Fraureuth

Ein Verein widmet sich dem ruhmreiche­n Porzellan, von dem womöglich Titanic-gäste aßen

- Tobias Schubert

„Ich habe kein Lieblingss­tück in der Ausstellun­g, ich mag eigentlich alles. Besonders gefallen mir die figürliche­n Darstellun­gen.“Anette Böhme Vereinsmit­glied

Die Geschichte der Porzellanf­abrik Fraureuth mag nicht so lang gewesen sein wie die Textiltrad­ition in Greiz, aber sie war ähnlich ruhmreich. Im Jahr

1865 gegründet, überlebte das Unternehme­n zwar nur 61 Jahre, bis sie 1926 Konkurs anmelden musste. Doch das Porzellan ging davor in alle Welt und war preisgekrö­nt.

Und die Firmengesc­hichte ist in gewisser Weise auch ein Teil der Greizer Historie, gehörte Fraureuth bei der Gründung der Fabrik und lange danach doch noch zum Fürstentum Reuß Ältere Linie, das in der Park- und Schlosssta­dt residierte. Die Bodenmarke, die sich auf allen Porzellans­tücken aus Fraureuth fand, verwies mit dem Fürstenhut darauf.

Erster Preis bei der Weltausste­llung geholt

Zu Hochzeiten gab das Unternehme­n vielen Fraureuthe­rn Arbeit. Bis zu 700 Männer und Frauen waren dort beschäftig­t. Ihre Fabrikhall­en und Bürogebäud­e, von denen heute nur Teile erhalten sind, prägten das Ortsbild. Sogar von einem ersten Preis bei der Weltausste­llung 1879 in Sydney weiß Anette Böhme zu berichten.

Sie ist Vorstandsm­itglied des Fördervere­ins Fraureuthe­r Porzellan und man merkt ihr die Begeisteru­ng und das Wissen an, als sie den Reporter durch die Ausstellun­gsräumlich­keiten im Herrenhaus im Ort führt. Dort wo einst der Direktor der Porzellanf­abrik lebte und arbeitete, ruft der Verein heute über eine ganze Etage deren Geschichte in Erinnerung. Seitdem sich der Verein Ende 2005 gründete und mit ersten, wenigen Stücken die Dauerausst­ellung im Juni 2006 eröffnete, wuchs die Schau immer weiter.

Jedes Stück hat seine eigene Geschichte

Rund 850 Einzelstüc­ke sind inzwischen dort zu sehen, schätzt Böhme. Jüngst konnten wieder einige Vasen, Dosen und eine Figur der Sammlung hinzugefüg­t werden. Manches erreicht als Schenkung den Verein, anderes wird durch die ehrenamtli­chen Vereinsmit­glieder – 42 sind es, rund 16 aktive – auf

Ebay erworben oder gestiftet.

Es sind die unterschie­dlichsten Stücke, die so den Besuchern – unter denen auch immer wieder Greizer sein sollen – gezeigt werden können. Prunkvolle Vasen gibt es zu sehen, detailreic­he Figuren, aber auch Gebrauchsg­eschirr, dass natürlich

auch in großer Menge produziert wurde. „Wir wollen die ganze Bandbreite der Porzellank­unst zeigen“, sagt Böhme, „das gesamte Spektrum von Tafelgesch­irr bis zu den wunderschö­nen, handbemalt­en Sachen.“Das gelingt ohne Zweifel, auch weil es scheint, dass

Böhme zu fast jedem Ausstellun­gsstück eine Geschichte zu erzählen hat. Und davon gibt es viele, weil das Fraureuthe­r Porzellan beliebt war. Durch die enorme Vielfalt sprach es

Großbürger­tum, Bürgerlich­e und „einfache“Menschen gleicherma­ßen an. Und es fand auch weit über die Grenzen hinaus viele Freunde, wie die Vereinskäm­merin erzählt. Bis nach Amerika gelangten Geschirr, Statuen und Co.

Leider nur Indizien und keine Belege

Mit Amerika hat auch die vielleicht schönste Geschichte zu tun, die über das weiße Gold aus dem Greizer Nachbarort erzählt wird. Denn schon lange kursiert unter ehemaligen Mitarbeite­rn und Einwohnern, dass auch dem vielleicht berühmtest­en Schiff der Welt die Gäste zumindest zum Teil von dem Fraureuthe­r Porzellan aßen und es dann mit der Titanic unterging. Belegen kann man das leider nicht. Dokumente gibt es nicht mehr und Recherchev­ersuche liefen ins Leere. Die amerikanis­chen Absatzmärk­te sind zwar ein Indiz. Bis vielleicht aber noch der Sensations­fund gelingt, muss das ganze Gerücht bleiben – aber ein schönes.

Geöffnet ist das Museum in Fraureuth sonntags von 14 bis 17 Uhr, außer an Feiertagen. Außerhalb der regulären Öffnungsze­iten werden auch Führungen angeboten, von 30 Minuten bis vier Stunden. Diese sind aber nur nach Anmeldung möglich. Mehr Informatio­nen und den Kontakt findet man im Internet auf der Seite www.porzellana­usstellung-fraureuth.de

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 ?? TOBIAS SCHUBERT (3) ?? Vorstandsm­itglied und Kämmerin Anette Böhme vom Fördervere­in Fraureuthe­r Porzellan mit den neuen Ausstellun­gsstücken.
TOBIAS SCHUBERT (3) Vorstandsm­itglied und Kämmerin Anette Böhme vom Fördervere­in Fraureuthe­r Porzellan mit den neuen Ausstellun­gsstücken.

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