Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Hilfe vom Olympiasieger
Thomas Röhler unterstützt die Ukrainerin Alina Shukh und hat ein lettisches Paar zu Gast
Jena. Der bange Blick geht in den Trainingspausen immer wieder aufs Handy. Bloß keine schlechte Nachricht aus der Heimat lesen, hoffen Alina Shukh und ihre Mutter Maiia in der Jenaer Laufhalle. Als in dieser Woche im ukrainischen Browary ein Helikopter mit dem Innenminister des Landes abstürzte und zahlreiche Todesopfer forderte, war das nur wenige hundert Meter vom Zuhause der Shukhs entfernt. Wie froh waren sie, dass ihren Lieben – Vater und Bruder sind in der Heimat geblieben -- nichts passiert ist. Wie traurig sind sie, wenn sie daran denken, was ihren Landsleuten durch den russischen Angriffskrieg seit fast einem Jahr widerfährt.
Alina Shukh ist Siebenkämpferin und auch eine begnadete Speerwerferin. Die 23-Jährige war schon U20weltmeisterin und -Europameisterin. Ihren Sport betreiben, kann sie in der Heimat aber nicht. „Es gibt kein Strom, wir haben keine Wärme, kein Licht, nicht einmal Wasser“, berichtet sie. Wegen der Luftangriffe der Russen gebe es regelmäßig Alarm, die Leute müssten sich in Kellern, Bunkern verstecken.
Sie suchte Hilfe und fand sie bei Thomas Röhler. Der Speerwurfolympiasieger vom LC Jena und Trainer Harro Schwuchow ließen sich von der Athletin aus der Jenaer Partnerstadt nicht lange bitten und organisierten mit finanzieller Unterstützung des Deutschen Olympischen Sportbundes und Hilfe vom Sportgymnasium und der Stadt ein fünfwöchiges Trainingslager für die junge Ukrainerin und ihre Mutter, die auch ihre Trainerin ist. „Ich nenne sie deswegen Moach“, sagt Alina Shukh.
Die beiden sind in einer Ferienwohnung untergebracht und haben in dieser Woche weitere prominente Trainingspartner dazugekommen – das lettische Speerwurf-paar Līna Mūze und Zigismunds Sirmais. „Thomas und ich kennen uns seit gut“, berichtet Sirmais, Europameister von 2016. Schon lange hegten sie den Wunsch, gemeinsam mit Röhler zu trainieren und nun hat es endlich geklappt.
Auch die beiden 30-jährigen Rigaer sind in einer Ferienwohnung untergekommen, haben sich wie die Shukhs ein bisschen was von Jena angeschaut. „Ich war im Planetarium“, sagt die Siebenkämpferin. „In Kiew gibt es auch eins, aber dahin habe ich es nie geschafft.“
Natürlich steht aber das Training aller im Vordergrund. Nach einer Crossfit-einheit mit Thomas Röhler musste Līna Mūze einräumen: „So hart habe ich noch nie trainiert.“Röhler sei schließlich nicht umsonst Olympiasieger, sagt Freund Sirmais. Alle drei Sportler genießen es sichtlich, dem 31-Jährigen über die Schulter zu schauen. „Alle sind für uns ein Zugewinn. Wir sind froh, sie hier zu haben“, sagt der Jenenser.
Von Verletzungen, wie sie den Thüringer in den vergangenen Jahren zurückwarfen, können auch die beiden Letten ein Lied singen. Als Sirmais 2016 Europameister wurde, platze der Traum der gemeinsamen Olympia-teilnahme durch einen Bruch von Mūze. „Das war schon hart“, erzählt sie. Jetzt gehe es darum, fit in die neue Saison zu kommen. Das gilt auch für Thomas Röhler, der sich wieder sehr gut fühlt. Er will den Anschluss an die Weltspitze schaffen. Und wenn er auf dem Weg dorthin anderen helfen kann, umso besser.