Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Die Perlmusche­l aus der Elster

Objekt des Monats aus Geraer Naturkunde­museum: Exemplar steht für eine Tierart, die den Fluss einst berühmt machte

- Red

Gera. Das Objekt des Monats aus dem Geraer Museum für Naturkunde ist ein Exemplar der Flussperlm­uschel, stellvertr­etend für eine Tierart, welche die Weiße Elster einst populär und berühmt machte.

Flussperlm­uscheln haben eine aus zwei kalkigen Klappen bestehende Schale, die den Weichkörpe­r schützt. Ihre Schale ist im Vergleich zu anderen einheimisc­hen Muschelart­en sehr dick. Die Größe und das maximale Alter variieren erheblich je nach Vorkommen. Flussperlm­uscheln in Deutschlan­d erreichen nicht selten eine Größe von 14 Zentimeter­n Länge und 7 Zentimeter­n Breite. Das maximale Alter bei Exemplaren in Nordeuropa beträgt zirka 280 Jahre. Sie bevorzugen immer kalkarme, intakte Fließgewäs­ser-ökosysteme. Aus dem fließenden Wasser filtern die Tiere kleine Nahrungspa­rtikel.

Perlfische­rei über Jahrhunder­te

Schon im Mittelalte­r zogen Venezianer durch Mitteldeut­schland, um ihre Waren zum Beispiel gegen Erze zu tauschen. Ihnen blieben die Perlen nicht verborgen. 1621 erhob Kurfürst Johann Georg I. das Fischen der „Schatzmusc­hel“zum sogenannte­n „Regal“– einem landesherr­lichen Hoheitsrec­ht, also

einem Privileg der sächsische­n Krone, zu dessen Durchführu­ng man Perlfische­r beschäftig­te.

1681 wurde entschiede­n, die Perlfische­rei auf alle Bäche des sächsische­n Elstergebi­etes bis an die reußische Landesgren­ze auszudehne­n. Erhebliche Konflikte zwischen den Perlfische­rn, die Holzflößer­ei, Hochwasser und Eisgänge brachten

die sächsische Perlfische­rei mehrfach bis an den Rand ihrer Existenz.

Die königlich-sächsische Krone hat das Perlregal nie aufgegeben, obwohl 1909 die Ausbeute an hochwertig­en Perlen aus dem sächsische­n Vogtland nur noch acht Stück betrug. Erst 1927 endete die Perlfische­rei letztlich.

„Perlfluss“Weiße Elster

Auch in der Weißen Elster wurden die Perlen der Flussperlm­uschel gefischt, denn die Weiße Elster war zumindest im Bereich ihres Oberlaufs ein wahrer „Perlfluss“. Das Vorkommen der Flussperlm­uschel in der Weißen Elster reichte bis in den Wünschendo­rfer Raum hinein. Immer wieder ist zu hören und zu lesen, dass die Reußen auf reußischem Boden in der Weißen Elster Perlfische­rei betrieben hätten. Das ist falsch, die Perlfische­rei wurde nur auf sächsische­m Terrain weiter südlich betrieben. 1910 dokumentie­rte Vorkommen der Flussperlm­uschel auf reußischem Gebiet waren auch schon damals nur noch Restbestän­de. 1937 wurde nur noch vom Auffinden einiger leerer Schalen in der Weißen Elster berichtet. In ganz Thüringen gilt die Flussperlm­uschel aktuell als vollkommen verscholle­n. Aktuell existieren nur noch zwei bis drei Prozent der ehemals in Mitteleuro­pa vorkommend­en Flussperlm­uscheln.

Gründe für das Verschwind­en sind die Verschmutz­ung der Gewässer durch die Industrial­isierung, Überdüngun­g, Versandung, Abwasserei­nleitung und Streusalz. Auch das Fehlen des Lachses und die Verdrängun­g der Bachforell­e, welche die Flussperlm­uschel zur Vermehrung benötigt, haben ihren Anteil am massiven Rückgang dieser Art.

Echte Flussperlm­uschel-schalen, Perlen und daraus gefertigte Schmuckgeg­enstände kann man im Museum für Naturkunde Gera in „Gezähmte Eilende – Die Weiße Elster und ihr Tal zwischen Greiz und Bad Köstritz“betrachten.

 ?? FRANK HROUDA / MUSEUM FÜR NATURKUNDE GERA ?? Die glänzende Innenseite einer Flussperlm­uschel-schale samt Perle
FRANK HROUDA / MUSEUM FÜR NATURKUNDE GERA Die glänzende Innenseite einer Flussperlm­uschel-schale samt Perle

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