Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Ausstand mit Schichtbeginn bei der Thüsac
Montagmorgen 3.45 Uhr: Rund 100 Beschäftigte streiken in Windischleuba. Zweite Verhandlungsrunde ohne Ergebnis
Mit Schichtbeginn am Montagmorgen um 3.45 Uhr standen bei der Personennahverkehrsgesellschaft in Windischleuba erstmals in ihrer Geschichte die Räder der meisten Busse unter Thüsacflagge still.
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hatte die Beschäftigten in Thüringen und Sachsen zum mehrstündigen Warnstreik aufgerufen. Der lief bis 9.15 Uhr und umfasste damit weite Teile des allmorgendlichen Schüler- und Berufsverkehrs.
Thüsac-betriebsratschef Rainer Hirsch wertete den Ausstand als Erfolg. Laut ihm waren im Fahrbereich Thüringen mit Altenburg und Schmölln über 40 Dienste betroffen, im Fahrbereich Sachsen mit Borna und Geithain fast alle. Rund 100 Frauen und Männer hauptsächlich aus Werkstatt und Fahrerbereich waren der Aufforderung der Dienstleistungsgewerkschaft gefolgt.
Stark vertreten und lautstark am Werktor im Industriering 4 begrüßt: die Kolleginnen und Kollegen aus Borna und Raitzhain. „Hier in Windischleuba – das geht ja gar nicht mehr. Wir müssen unsere Leute hier unterstützen“, sagt beispielsweise eine der Beschäftigten aus dem Sächsischen, die selbst seit 20 Jahren bei der Thüsac mit dem Bus unterwegs ist.
Ein Busfahrer – seit 35 Jahren hinterm Lenkrad im Altenburger Land:
„Mehr Lohn wäre gut. Gerade angesichts der steigenden Inflation.“Einig sind sich er und einer seiner Kollegen: „Die Arbeitsorganisation muss besser werden.“Ein Arbeitstag habe nicht selten 12 bis 14 Stunden. Zwar mit drei, vier Stunden Pause zwischen zwei Touren. „Aber wirklich Freizeit ist das nicht.“Hinzu kämen all die kurzfristigen Änderungen der Dienstpläne, beispielsweise wegen eines hohen Krankenstandes.
Allerdings: Bessere Organisation der Dienste sei nicht Gegenstand der Verhandlungen um einen neuen Vergütungs- und Manteltarifvertrag, stellt Verdi-verhandlungsführer Paul Schmidt klar. Der Gewerkschaft gehe es in erster Linie um die Aufwertung der Tätigkeiten bei der Thüsac und um mehr Geld in der Lohntüte. „Die letzte Erhöhung liegt mit 2021 schon weit zurück“, so Schmidt. Die rege Teilnahme am Warnstreik wertet er als starkes Signal.
„Mit diesem Rückenwind gehen wir selbstbewusst in die Verhandlungsrunde.“
Frist bis Freitag dieser Woche
Die startete am Montagnachmittag und ging einige Stunden später ergebnislos zu Ende. Die Arbeitgeberseite hatte ihr bisheriges Angebot um eine zusätzliche Inflationsprämie in Höhe von 1000 Euro für jeden Mitarbeiter innerhalb der zweijährigen Vertragslaufzeit erweitert. Das, so
hieß es, würde eine durchschnittliche Vergütungsanpassung von etwa 8 Prozent jährlich bedeuten. Paul Schmidt bezeichnet das als nicht ausreichend.
Die Dienstleistungsgewerkschaft hat der Geschäftsführung nun bis Freitag dieser Woche Zeit gegeben, um ihr Angebot zu überdenken. Verstreiche diese Frist ergebnislos, werde man über die nächsten Schritte im Tarifstreit bei der Thüsac nachdenken.
Bereits am 7. Dezember 2022 hatte es die erste Verhandlungsrunde gegeben. Das dort von Arbeitgeberseite unterbreitete Angebot sei aber keineswegs akzeptabel gewesen. Was wenige Tage später feststand. „Wir haben darüber unsere Mitglieder im Betrieb basisdemokratisch abstimmen lassen“, erklärt Paul Schmidt.
Warum die Thüsac-geschäftsführung von dieser Ablehnung erst am Dienstag vergangener Woche erfuhr, konnte Schmidt nicht erklären. Ebenso wenig wollten sich die Gewerkschaftsvertreter am Montag zum Organisationsgrad innerhalb der Thüsac-belegschaft äußern.
Thüsac-chefin Tatjana Bonert mischte sich während des Ausstandes am Montagmorgen unter die Streikenden, hier und da kam es zu Gesprächen zwischen ihr und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Bonert auf Nachfrage dieser Zeitung: „Aus meiner Sicht war ein Streik angesichts des bisherigen Verhandlungsverlaufes nicht erforderlich. Wir waren jederzeit gesprächsbereit und haben ein gutes Angebot vorgelegt. Trotz der Entwicklungen im vergangenen Jahr mit enormen Kostensteigerungen für Diesel, Energie, Kosten für Ersatzteile und für anderes mehr.“Zusammenfassend würden die jährlichen Thüsackosten mit der Umsetzung der Verdiforderungen um rund 20 Prozent steigen, was rund 2,3 Millionen ausmacht, hat Bonert errechnet.