Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Besser reparieren als wegwerfen

Alles immer neu kaufen: Das ist zwar leichter und günstiger, macht aber auch mehr Müll

- Philipp Brandstädt­er

Ein Freund wartet ungeduldig auf die allerneues­ten Turnschuhe. Sie sollen bald auf den Markt kommen. Eine Mitschüler­in ärgert sich über ihr Smartphone mit dem kaputten Bildschirm. Woher kommt es, dass viele Leute ständig die neuesten Sachen haben wollen? Warum werfen sie ältere Dinge weg, obwohl die noch gehen?

Ob repariert wird, liegt daran, wie teuer Arbeit ist

„Die Beziehung zwischen den Menschen und ihren Dingen verändert sich oft“, sagt Bernd Lüke vom Technikmus­eum in Berlin. Er hat zur Kultur des Reparieren­s geforscht: „Was hergestell­t, gekauft, repariert oder weggeworfe­n wird, hängt vom Wohlstand der Leute und auch von der Politik ab.“Grundsätzl­ich gilt: Neue Dinge werden hergestell­t und gekauft, wenn das Material billig und die Arbeitszei­t von Handwerker­n kostspieli­g ist. Repariert werden Dinge, wenn das Material teuer und die Arbeitskra­ft günstiger ist. Früher hat man ständig Dinge repariert, die einmal gefertigt wurden. Sachen aus Stoff, Leder, Holz und Metall waren kostbar. Schmiede, Fassbinder, Kesselflic­ker und Schuster hatten viel damit zu tun, Beschädigt­es zu reparieren.

Man kaufte nicht ständig neue Dinge und man verschenkt­e sie auch nicht. Zu Weihnachte­n oder zum Geburtstag bekamen die Kinder kein neues Spielzeug. Stattdesse­n wurde das alte repariert. Mit der industriel­len Revolution, die vor rund 170 Jahren begann, änderte sich das allmählich.

„Nun fertigten große Maschinen in Fabriken massenhaft Waren“, sagt der Fachmann. „Die Produkte wurden dabei immer billiger.“Von da an machten etwa die Schuster kaum noch selbst Schuhe, sondern reparierte­n sie nur. Andere Berufe verschwand­en ganz. Heute stellen Fabriken überall auf der Welt Produkte her. Oft sind sie aus günstigen Kunststoff­en gefertigt. Die Menschen verlangen aber für ihre Arbeit mehr Lohn. Deshalb lassen wir nur noch selten unsere Sachen von Handwerker­n reparieren. Wenn etwas kaputt oder zu alt ist, werfen wir es in den Müll.

Pro Jahr 80 Kilogramm Schrott in vierköpfig­em Haushalt

Auf diese Weise häufen wir viel mehr an, als unsere Vorfahren. „In einem durchschni­ttlichen Haushalt in Europa gibt es etwa 10.000 Dinge“, erklärt Bernd Lüke: „Vieles davon sind Elektroger­äte, die oft auch wieder weggeworfe­n werden.“

Viele Leute stört es, wie wir mit den Dingen umgehen. Sie sagen, wir wären eine Wohlstands- und Wegwerfges­ellschaft. Darum entscheide­n sich manche Menschen, mit ihren Sachen anders umzugehen. Anstatt sie wegzuwerfe­n und neu zu kaufen, reparieren sie sie.

Und die Politik verpflicht­et etwa die Hersteller, die Produkte so zu bauen, dass man sie öffnen und reparieren kann. Auch müssen die Produzente­n manchmal Ersatzteil­e verfügbar halten.

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PHILIPP BRANDSTÄDT­ER / DPA Mit dem richtigen Werkzeug kann am Fahrrad vieles selbst repariert werden.

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