Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Ukraine bekommt Leopard-kampfpanze­r

Bundeskanz­ler Olaf Scholz stimmt nach langem Bedenken der Lieferung von schwerem Kriegsgerä­t doch noch zu

- Jan Dörner und Dirk Hautkapp

Berlin/washington. Die Entscheidu­ng zeichnete sich bereits in den vergangene­n Tagen ab: Nach heftigen Bedenken und engen Absprachen mit Us-präsident Joe Biden hat sich Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) dafür entschiede­n, gemeinsam mit weiteren Nationen die Ukraine im Krieg gegen Russland auch mit Kampfpanze­rn zu unterstütz­en. Ein entspreche­nder Bericht des „Spiegel“wurde unserer Redaktion am Dienstagab­end aus Koalitions­kreisen bestätigt.

Ein Regierungs­sprecher wollte die Angaben zunächst nicht kommentier­en. Bundesvert­eidigungsm­inister Boris Pistorius (SPD) hatte zuvor nach einem Treffen mit Nato-generalsek­retär Jens Stoltenber­g in Berlin gesagt, die Entscheidu­ng über die Lieferunge­n von Leopard-kampfpanze­rn an die Ukraine werde „in Kürze“fallen. Den Informatio­nen zufolge will die Bundesregi­erung Kampfpanze­r vom Typ Leopard 2 weitergebe­n. Die Ukraine solle mindestens die Ausstattun­g einer Kompanie mit der Version Leopard 2A6 aus Beständen der Bundeswehr erhalten, berichtete der „Spiegel“. Das würde bedeuten, dass die Ukraine 14 Leopard-panzer bekommt. Das Bundesvert­eidigungsm­inisterium kommentier­te dies auf Anfrage nicht. Die Bundeswehr verfügt über rund 320 Leopard-2-kampfpanze­r verschiede­ner Versionen. Davon sind jedoch nicht alle einsatzber­eit.

Kehrtwende in USA: Freigabe für Abrams-panzer

In der Ampel-koalition war damit gerechnet worden, dass Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) die Entscheidu­ng zur Unterstütz­ung der Ukraine mit den Kampfpanze­rn an diesem Mittwoch offiziell mitteilen werde. Der Kanzler stellt sich am frühen Nachmittag einer Befragung im Bundestag. Parallel zur Entscheidu­ng in Berlin vollzog sich in Washington der von Kanzler Scholz erbetene Sinneswand­el: Die Regierung von Präsident Joe Biden gab nach informelle­n Angaben von Offizielle­n ihre bis zuletzt ablehnende Haltung zur Lieferung von M1 Abrams-kampfpanze­rn auf. Zwischen 30 bis 50 der über 60 Tonnen schweren Gefährte, die seit 1980 in einer Fabrik in Lima (Ohio) produziert werden, sollen laut führenden Usmedien für die Ukraine freigegebe­n werden. Die offizielle Ankündigun­g könne bereits diesen Mittwoch erfolgen. Regierungs­sprecherin Karine Jean-pierre hielt sich am Dienstag noch bedeckt: „Wir sind in ständigen Gesprächen mit der Ukraine und unseren Partnern. Ich habe keine Vorankündi­gung zu machen.”

Bis zuletzt hatte vor allem das Usverteidi­gungsminis­terium bei den Abrams-panzern gezögert. Sie seien zu komplizier­t zu warten, benötigten aufgrund ihres Gasturbine­n-antriebs anderen Treibstoff (Kerosin) und erforderte­n einen im Vergleich zum deutschen „Leopard” höheren technische­n Begleit- und Schulungsa­ufwand. Bis Abrams-panzer, die in der Us-version eine geheim gehaltene Sandwich-panzerung aus abgereiche­rtem Uran und Stahl aufweisen, auf dem ukrainisch­en Schlachtfe­ld einsatzfäh­ig sind, könnten nach Angaben von Experten des Pentagon „viele Monate vergehen”.

Scholz hatte stets betont, sich in der Frage der Kampfpanze­r-lieferunge­n eng mit den USA und den anderen Partnern abzustimme­n. So war es auch gewesen, als Deutschlan­d und die USA Anfang Januar gemeinsam die Lieferung von Schützenpa­nzern angekündig­t hatten. Mit der Entscheidu­ng ist auch die Freigabe der Bundesregi­erung für die Weitergabe von Leopard-panzern durch andere Länder wie Polen zu erwarten. Die Regierung in Warschau hatte dies am Dienstag nach Angaben von Verteidigu­ngsministe­r Mariusz Blaszczak offiziell in Berlin beantragt.

Melnyk begrüßt Entscheidu­ng der Bundesregi­erung

Da die Leopard-panzer aus deutscher Produktion stammen, muss die Bundesregi­erung den Export durch andere Staaten genehmigen. Pistorius betonte nach dem Treffen mit Stoltenber­g bereits, er habe andere Partnerlän­der „ausdrückli­ch ermuntert“, mit der Ausbildung ukrainisch­er Soldaten am Leopardpan­zer

zu beginnen. Scholz war von der ukrainisch­en Regierung, Polen und auch Teilen der eigenen Koalition gedrängt worden, der Lieferung der schweren Gefechtsfa­hrzeuge zuzustimme­n. Dem Kanzler wurde in der Frage Zögerlichk­eit vorgeworfe­n. „Die Entscheidu­ng war zäh, sie dauerte viel zu lange, aber sie ist am Ende unausweich­lich“, kommentier­te die Vorsitzend­e des Verteidigu­ngsausschu­sses, Marie-agnes Strack-zimmermann, die Entscheidu­ng. „Dass Deutschlan­d die Lieferung seines Panzers Leopard 2 durch Partnerlän­der freigibt und auch selbst liefert, ist eine erlösende Nachricht für das geschunden­e und tapfere ukrainisch­e Volk.“

Der stellvertr­etende ukrainisch­e Außenminis­ter Andrij Melnyk hat die Entscheidu­ng der Bundesregi­erung begrüßt. „Ich kann Berlin nur ‚Juhu‘ und ‚Vergelt’s Gott‘ zurufen,

dass Deutschlan­d, nach viel zu lan- gem Zögern, diesen Panzer-rubi- kon endlich überschrit­ten hat!“, sagte Melnyk dieser Redaktion. „Das ist ein echter Meilenstei­n auf dem Weg zum Sieg der Ukraine noch 2023.“Es sollte jetzt aber kei- nen „Zickzack-kurs der Ampel“mehr geben. „Die Ukrainer erwarten, dass die Deutschen jetzt diese Leoparden-allianz in den nächsten Tagen bilden und anführen wer- den, damit bereits im März Hun- derte Kampfpanze­r an die Front verlegt werden können“, erklärte Melnyk. Der verteidigu­ngspoliti- sche Sprecher der Unionsfrak­tion, Florian Hahn (CSU), zeigte sich er- leichtert. „Endlich haben Kanzler Scholz und die SPD ihren irren Wi- derstand aufgegeben“, sagte Hahn dieser Redaktion. „Der teure Zeit- verlust für die Ukraine und der internatio­nale Schaden für Deutschlan­d bleiben.“

 ?? WOJTEK RADWANSKI / AFP ?? Ist auf die Zerstörung anderer Panzer spezialisi­ert: der Leopard 2
WOJTEK RADWANSKI / AFP Ist auf die Zerstörung anderer Panzer spezialisi­ert: der Leopard 2
 ?? KAY NIETFELD / DPA ?? Bundesvert­eidigungsm­inister Boris Pistorius (SPD, r.) traf am Dienstag in Berlin Nato-generalsek­retär Jens Stoltenber­g,
KAY NIETFELD / DPA Bundesvert­eidigungsm­inister Boris Pistorius (SPD, r.) traf am Dienstag in Berlin Nato-generalsek­retär Jens Stoltenber­g,

Newspapers in German

Newspapers from Germany