Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Selenskyj macht Front gegen eigene Beamte
Korruption: Ukraines Präsident entlässt neun hochrangige Politiker
Vor dem Hintergrund eines mutmaßlichen Korruptionsskandals sind in der Ukraine am Dienstag fünf Gouverneure und vier Vizeminister ihrer Ämter enthoben worden. Entlassen werden sollen die Leiter der Gebiete Dnipropetrowsk, Saporischschja, Kiew, Sumy und Cherson, teilte der Leiter des Regierungsapparats im Ministerrang, Oleh Nemtschinow, am Dienstag im Nachrichtendienst Telegram mit. Damit gilt die formelle Entlassung durch Präsident Wolodymyr Selenskyj als sicher. Der bisherige Gouverneur des Gebiets Kiew, Olexij Kuleba, ist dabei als neuer Vize im Präsidentenbüro für den kurz zuvor entlassenen Kyrylo Tymoschenko im Gespräch. Seit Sonntag wurden damit bereits drei Stellvertreter im Ministerium für Regionalentwicklung und jeweils ein Vize im Verteidigungsministerium sowie Sozialministerium entlassen. Ebenfalls geschasst wurde ein Vize des Generalstaatsanwalts.
Präsident Wolodymyr Selenskyj versucht offenbar mit einem Rundumschlag den Imageschaden zu minimieren. Der Entlassungswelle ging eine Reihe von Korruptionsskandalen um Schmiergelder, die Veruntreuung von Hilfsgeldern sowie das Zuschanzen von Bauaufträgen und Luxusreisen voraus. Am Wochenende hatten Medienberichte in der Ukraine für Wirbel gesorgt, wonach das Verteidigungsministerium Lebensmittel für die Verpflegung seiner Soldaten zu Preisen ankaufe, die bis zu dreimal höher seien als die Einzelhandelspreise im Geschäft. Bei dem Vertrag über 13 Milliarden Hrywnja (gut 300 Millionen Euro) soll es sich nicht um die Verpflegung der Soldaten an der Front, sondern im Hinterland handeln.
Im Juni erhielt die Ukraine den Status eines Eu-beitrittskandidaten. Verbunden sind damit auch Auflagen bei der Korruptionsbekämpfung. Bereits vor dem Krieg galt die Ukraine als eines der korruptesten Länder Europas. Die Eukommission forderte am Dienstag weitere Anstrengungen im Kampf gegen kriminellen Machtmissbrauch. Aus Sicht von Transparency International gibt es noch sehr viel zu tun. „Wir haben den ganzen Wiederaufbau vor uns, der, neben anderen Dingen, Korruptionsrisiken birgt“, sagte der Leiter der Organisation in Kiew, Andrij Borowyk.